Delitzsch. Nach Jahren voll seelischer Qualen und innerer Zerrissenheit, nach Jahren des Ringens mit sich und hochrangigen Würdenträgern der katholischen Kirche um Wiedergutmachung hatte sich Norbert Denef (56) entschieden, seine Leidensgeschichte öffentlich zu machen.

Der mehrfache sexuelle Missbrauch des ehemaligen Delitzscher Ministranten zwischen 1958 und 1964 durch Alfons Kamphusmann, damals Vikar an der hiesigen Marienkirche, und ab 1964 bis zu Denefs 18. Lebensjahr durch den einstigen Organisten und Chorleiter der Gemeinde hat bereits sein Echo gefunden. Wie berichtet, bestätigten unterdessen mehrere Leser in anonymen Anrufen, dass sich der 1998 verstorbene Kamphusmann als Vikar in Delitzsch und in weiteren Einsatzorten an minderjährigen Jungen verging.

Dass sich als Folge der Denef’schen Bemühungen um eine aufrichtige Aufarbeitung möglicherweise noch mehr Opfer beim einstigen Arbeitgeber des pädophilen Geistlichen melden könnten, erwartet jetzt auch das Bistum Magdeburg. Laut Sprecher Thomas Lazar besteht für alle Delitzscher Katholiken, die in den 50er und 60er Jahren ähnliche Erfahrungen mit Kamphusmann oder dem inzwischen pensionierten Kirchenmusiker wie Denef machten, die Möglichkeit, sich an den Beauftragten des Bistums für Verdachtsfälle sexuellen Missbrauchs zu wenden. Besagter Krisenmanager heißt Peter Willms und lebt in Halle/Saale. Gegenüber der Kreiszeitung bekräftigte der promovierte Jurist gestern, möglichen weiteren Opfern unter der Telefonnummer (0345) 5 23 36 27 Rede und Antwort stehen zu wollen. Norbert Denefs Schicksal sei ihm bekannt, weitere Fälle, in deren Zentrum die beiden einstigen Delitzscher Kirchenleute stehen, würden momentan jedoch nicht vorliegen, so Willms. Wie in den Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz zum Vorgehen bei sexuellem Missbrauch Minderjähriger durch Geistliche festgelegt, verstehe er sich als unabhängig, sagte Willms.

Für die Geschädigten brach der Beauftragte eine Lanze: „Es sollte sich niemand abwenden, der in seinem Umfeld mit Missbrauchsfällen konfrontiert wird. Den Opfern sollten wir glauben.“ Das häufig geäußerte Unverständnis von Angehörigen über den späten Zeitpunkt der Offenbarung wies Willms zurück. Schon in der Fachliteratur sei das Phänomen, dass sexuell Missbrauchte oft Jahrzehnte benötigen, um über ihr Leid in jungen Jahren offen zu sprechen, ausgiebig beschrieben.

Dominic Welters

Leipziger Volkszeitung “Bistum will helfen”