Delitzsch. Die Befürchtung, dass es neben Norbert Denef weitere Missbrauchsfälle gegeben haben könnte, hängt seit Tagen wie ein Damoklesschwert über der Stadt. Nun sorgt ein Delitzscher für Gewissheit: Eberhard R., der „wegen der derzeit sehr aufgeregten Situation“ seinen Namen nicht nennen will. Auf Grund seines Schicksals steht in einem weiteren Fall fest, dass es der einstige Vikar der katholischen Pfarrgemeinde St. Marien Delitzsch, Alfons Kamphusmann, auf kleine Jungen abgesehen hatte.

„Es war mein 12. oder 13. Geburtstag“, sagt Eberhard R.. „Kamphusmann hatte gratuliert und etwas geschenkt. Ich gehörte damals der Katholischen Jugend an. Es war ein kurzer Besuch, bald brachte ich ihn wieder zur Tür. Dann geschah das, was ich nie vergessen werde“, erzählt der 57-Jährige. Bevor sich der Vikar von dannen machte, zog er Eberhard R. an sich, küsste ihn und legte eine Hand des Jungen auf seinen Penis. Für das Opfer bis heute ein Alptraum.

Fortan ging er nicht mehr gern zur Kirche und Kamphusmann möglichst aus dem Weg. Weitergehende Annäherungsversuche durch den Seelsorger seien ihm nicht widerfahren, sagt er, hält es aber für möglich, „dass ich einiges verdrängt habe“. Der Junge behielt den Vorfall nicht für sich, sondern offenbarte sich den Eltern. Die, so vermutet Eberhard R., müssen die Leitung des Bistums Magdeburg informiert haben. „Denn alsbald wurde Kamphusmann versetzt und meine Eltern haben sich von der Gemeinde schlagartig zurückgezogen.“ Warum dies geschah, will Eberhard R., 1990 aus der Kirche ausgetreten, den Beauftragten des Bistums für Verdachtsfälle sexuellen Missbrauchs, Peter Willms, nun fragen. „Von ihm erhoffe ich mir Aufklärung, ob es wirklich Mutter und Vater waren, die Kamphusmann angezeigt haben. Und ich will wissen, ob sie dann von ihren Schwestern und Brüdern in Delitzsch, von denen offenbar viele wussten, dass der Vikar pädophil war, ausgegrenzt wurden.“ Tröstend sei für ihn nur, „dass es bei mir nicht so schlimm war wie bei Norbert Denef“.

Leipziger Volkszeitung “Zweiter Fall in Delitzsch”