Akute Defizite im Umgang der Justiz mit Uwe K.: Deutsche Kinderhilfe fordert schonungslose Aufklärung

(Verbandspresse, 22.01.2010 11:55)

(Berlin) – Die Deutsche Kinderhilfe fordert die schonungslose Aufklärung des Falles von Uwe K. durch eine Expertenkommission. In der behördlichen Praxis müssen derartige Missstände zukünftig im Interesse eines wirksamen Opferschutzes vermieden und etwaige Strukturdefizite durch Gesetzesänderungen behoben werden. Dieser Fall hat Bedeutung über die Grenzen Berlins hinaus. Der sadistisch veranlagte Karl D., der derzeit in NRW von den Behörden rund um die Uhr überwacht wird, hat Klage gegen seine Überwachung eingereicht. Die bisherigen Instrumentarien für den Umgang mit verurteilten Sexualstraftätern reichen nicht aus, um einen wirksamen Schutz sicher zu stellen.

Die nach und nach ans Tageslicht tretenden Umstände des Umgangs der Berliner Justizbehörden mit Uwe K. offenbaren akute Defizite, Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen, die kaum noch in Worte zu fassen sind. Das ist mehr als ein Skandal. Es grenzt an einen Offenbarungseid des Rechtsstaates, wie die Berliner Justiz es zugelassen hat, dass Kinder erneut Opfer des hochgradig gefährlichen Sexualstraftäters Uwe K. wurden.

Bereits kurz nach seiner Haftentlassung suchte sich Uwe K. zielgerichtet seine Opfer. In typischer Verhaltensweise eines Pädokriminellen erschlich er sich das Vertrauen der Erziehungsberechtigten seiner Opfer. Gerade das für diesen Tätertypus übliche Verhalten, gekoppelt an die Feststellung der Experten, dass von Uwe K. eine erhebliche Wiederholungsgefahr ausgeht, macht die gewählte Vorgehensweise der Behörden so wenig nachvollziehbar. Trotz eines nackten Mädchens in seiner Wohnung verweigerte ein Richter den Haftbefehl!

Uwe K. hatte mehrfach gegen die Auflagen der Führungsaufsicht verstoßen. So wohnte er beispielsweise in unmittelbarer Nähe eines Kinderspielplatzes. Dies hätte mit einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden können und müssen. Trotz dieser unmissverständlichen Alarmsignale und der eindeutigen erhöhten Gefahrenlage, wurde eine Rundumüberwachung nicht angeordnet, die Verantwortlichen blieben untätig.

Vor diesem Hintergrund ist die gestrige (21. Januar 2010) Aussage der Berliner Justizverwaltung gegenüber der dpa, den Fall als „mustergültiges Beispiel für Zusammenarbeit von Polizei, Bewährungshelfer, Psychologin und sozialen Diensten“ zu bezeichnen reiner Zynismus.

„Für Sexualstraftäter, von denen lebenslang eine Wiederholungsgefahr ausgeht, müssen andere Maßstäbe gelten als für gewöhnliche Straftäter. Sexualstraftäter haben einen Anspruch auf einen rechtsstaatlichen Umgang, abzuwägen ist dabei jedoch das Recht auf Unversehrtheit von Leib und Leben der Opfer, die lebenslang unter den Taten leiden. In Deutschland wird die Priorität auf den Täter- und nicht auf den Opferschutz gelegt. Der Fall von Uwe K. belegt dies“, so RA Georg Ehrmann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Kinderhilfe. „Es bedarf dringend einer fundierten Debatte auf Bundes- und Länderebene über eine grundlegende Reform der bisherigen gesetzlichen Regelungen für den Umgang mit Sexualstraftätern. Gerade die Länder haben im Justizbereich systematisch Personal abgebaut, so dass es schon bei geltender Rechtslage der Führungsaufsicht an einer geeigneten Personaldecke und einem flächendeckenden Therapieangebot fehlt. Es wird auf Kosten des Opferschutzes unverantwortlich gespart“, so Ehrmann weiterhin.

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