Berlin (ddp). Angesichts immer neuer Enthüllungen über sexuellen Missbrauch von Kindern an Schulen und in Internaten melden sich verstärkt Vertreter der Opfer zu Wort. Sie beklagten am Samstag eine mangelnde Einbindung in die laufende Debatte und forderten, am Runden Tisch der Bundesregierung beteiligt zu werden. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) drang indessen darauf, Opfer sexuellen Missbrauchs finanziell zu entschädigen.

In den vergangenen Wochen waren zahlreiche Fälle von sexuellem Missbrauch an Schulen und Internaten bekanntgeworden – darunter auch an mehreren kirchlichen Einrichtungen. Bundesweit wird derzeit gegen mindestens 14 Geistliche wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch ermittelt. Das ergab eine Umfrage des Nachrichtenmagazins «Der Spiegel» unter den 24 deutschen Generalstaatsanwaltschaften. 15 der Behörden hätten Angaben gemacht. Hinzu kämen Verfahren gegen elf weltliche Lehrer und Erzieher. Am Samstag wurden neue Fälle öffentlich – unter anderem an einem früheren Knabenheim der katholischen Ordensgemeinschaft Salesianer Don Bosco in Rheinland-Pfalz.

Mehrere Vertreter von Missbrauchsopfern beklagten, die Betroffenen würden von der Politik zu wenig in die laufende Diskussion eingebunden. Die Berliner Rechtsanwältin Manuela Groll, die 14 Opfer vertritt – überwiegend frühere Schüler des katholischen Berliner Canisius-Kollegs – sagte, die Betroffenen oder deren Anwälte gehörten an den Runden Tisch der Bundesregierung. «Es wäre unvorstellbar, sie außen vor zu lassen», mahnte Groll. Diese Opfer hätten den Stein überhaupt erst ins Rollen gebracht.

Der Verein ehemaliger Heimkinder mit rund 450 Mitgliedern bezeichnete es als «merkwürdig, dass der größte Verband von Geschädigten» in der Debatte nicht gefragt werde. Auch Norbert Denef aus einem Netzwerk Betroffener kritisierte die «Funkstille seitens der Politik».

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