Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen e.V., gemeinnützig anerkannt und bundesweit aktiv!

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Medieninfo

Initiative fordert unabhängiges Amt für Opferschutz,
Aufklärung und Prävention
„Runder Tisch“ und Opferentschädigungsgesetz (OEG) reichen nicht aus

Die Initiative gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen e.V. will eine inhaltliche Diskussion zur Thematik Kindesmissbrauch und Opferschutz anregen und fordert die Politik zudem auf, endlich eine Opferschutzbehörde einzurichten, damit der Staat auch selbst eine angemessene Verantwortung in Bezug auf den Opferschutz übernimmt. Es ist nicht damit getan, dass es ein Opferentschädigungsgesetz (OEG) gibt und sich nun, anlässlich der aktuellen Debatte, drei Ministerien zu einem „Runden Tisch“ zusammenschließen. Dies zeigt vielmehr, dass einiges im Argen liegt und es vielleicht sogar sinnvoll erscheint, ein eigenes Ministerium für Opferschutz einzurichten. Es ist armselig für einen Staat, wenn dieser das Kümmern um Opfer praktisch dem Zufall bzw. privaten Initiativen und Organisationen überlässt. Weder die Jugendämter noch die Justiz verspüren einen Auftrag, intensiv Opferschutz, Aufklärung und Prävention zu betreiben. Dabei ist es für Betroffene zunächst sehr wichtig, menschliche und professionelle Unterstützung zu bekommen, aufgefangen zu werden, ohne den Druck zu verspüren, umgehend Strafanzeige erstatten zu müssen. Hilfe und Aufklärung der Geschehnisse müssten zunächst im Mittelpunkt aller Bemühungen stehen. Blinder Aktionismus und die Gefahr, dass unüberlegt und vorschnell Sachverhalte angezeigt werden, die nicht justiziabel erscheinen, hilft den Opfern nicht wirklich weiter. Wir benötigen professionelle, erfahrene und engagierte Helfer für Betroffene auf allen Ebenen, die gut miteinander vernetzt sind und sich umfassend auskennen.

Tatsache ist, dass für die Strafjustiz ein Opfer nur Mittel zu Zweck ist. Das heißt, dass das Opfer lediglich dazu dient festzustellen, ob ein Beschuldigter eine Straftat verübt hat und deswegen zu verurteilen, zu bestrafen ist. Dazu kommt, dass Opfer in Strafverfahren häufig immer noch zu unsensibel und ungleich behandelt werden. Zum Beispiel ist ein Opfer zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet und wird sogar, wenn es strafmündig ist, bei einer Falschaussage mit Strafe bedroht. Dagegen steht es dem Beschuldigten frei, sich zum Tatvorwurf zu äußern. Falls er sich dennoch zu einer Aussage entschließt, ist er nicht zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet, darf sogar ungestraft lügen. An diesem Beispiel sieht man, wie es um den Opferschutz in Strafverfahren bestellt ist. Eine gründliche Reform des Strafrechts ist dringend erforderlich.

Was das Jugendamt angeht, so ist dieses Amt noch nicht einmal verpflichtet, bei Verdacht von Kindeswohlgefährdung, zum Beispiel Misshandlung oder sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, Strafanzeige zu erstatten. Insofern erübrigen sich einseitige Schuldzuweisungen an Kirchen oder andere Einrichtungen der Jugendhilfe. Vertuschung ist aus Erfahrungen der Initiative gegen Gewalt … e.V. leider immer noch ein weit verbreitetes Thema und macht auch vor staatlichen Einrichtungen und Behörden, wie zum Beispiel Schulen, und sogar vor der Justiz nicht halt.

In der Vision der Initiative müssten bundesweit unabhängige Beraterteams eingerichtet werden, die sich aus Juristen/Juristinnen, Psychologen/Psychologinnen, Sozialarbeitern/Sozialarbeiterinnen und eventuell noch anderen Fachleuten zusammensetzen. Diese sollten den Auftrag erhalten, Opfer unabhängig von der Justiz und anderen Behörden zu unterstützen, sie zu begleiten und Verdachtsmomente aufzuklären.

Auch Forschung und Wissenschaft müssten noch stärker als bisher gefordert und mit eingebunden werden.

Der Sicherheit unserer Kinder muss absolute Priorität eingeräumt werden. Klare Ansagen sind erforderlich und keine Endlosdebatten.

Siershahn, den 26.3.2010

Johannes Heibel, Dipl.-Sozialpädagoge (FH)
Vorsitzender