WELT ONLINE 17.04.2010
Von Das Gespräch führte Martin Lutz
Die Regierungsbeauftragte zum sexuellen Kindesmissbrauch, Christine Bergmann, fordert mehr Hilfen für die Opfer
DIE WELT: Frau Bergmann, Sie waren Bundesfamilienministerin unter Gerhard Schröder. Jetzt wurden Sie von der schwarz-gelben Bundesregierung als Beauftragte für sexuellen Missbrauch ernannt. Was prädestiniert Sie für dieses Amt?
Christine Bergmann: Das Thema sexuelle Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch bewegt mich schon lange. Als Ministerin hatte ich hier auch einen Schwerpunkt gesetzt. Meine Nach-Nachfolgerin Kristina Schröder fragte mich, ob ich die Beauftragte werden will. Ich habe mich kurz mit meiner Familie beraten und dann sofort zugesagt.
DIE WELT: Um welche Missbrauchsfälle wollen Sie sich kümmern, und wie wird Opfern geholfen?
Bergmann: Wir sind Ansprechstelle für Betroffene. Zunächst per Post, Fax und E-Mail. Demnächst wird eine telefonische Hotline freigeschaltet. Hierfür wird ein kompetentes Team aus geschulten Fachkräften der Sozialpädagogik, der Psychologie und aus dem Rechtsbereich zur Verfügung stehen. Wir wollen zum einen zurückliegende Fälle aufarbeiten. Aber Missbrauch an Kindern und Jugendlichen findet auch heute und jetzt statt. Betroffene, Angehörige und Menschen, denen im beruflichen oder privaten Umfeld Missbrauch auffällt, können sich an uns wenden.
DIE WELT: Es gibt bereits einige sehr engagierte Beratungseinrichtungen für Opfer sexueller Gewalt. Warum ist zusätzlich eine unabhängige Regierungsbeauftragte erforderlich?
Bergmann: Wir sind eine zentrale unabhängige Anlaufstelle für Opfer sexuellen Missbrauchs. Häufig leiden Betroffene noch Jahrzehnte nach der Tat unter körperlichen und psychischen Symptomen. Einigen fällt es immer noch schwer, das Wort „sexueller Missbrauch“ überhaupt auszusprechen. Andere haben Vorbehalte, sich gegenüber kirchlichen oder öffentlichen Einrichtungen zu offenbaren.
Frau Bergmanns Einschätzung ist vollkommen richtig.
Wollen sie und ihre KollegInnen Gelder akquirieren, um Behandlung, Beratung und Prävention bezahlen zu können, dann gibt es eine ganz naheliegende Lösung:
Die Verantwortlichen zur Kasse bitten, indem die Bürgervertreter sich ihre Auslagen für die Folgen der sexuellen Misshandlungen von den Institutionen erstatten lassen. Und damit wieder Gelder frei werden, z.B. aus Präventionsmitteln.
Denn im Gegensatz zu Übergriffen, die im privaten Raum (Familie) geschehen, gibt es bei institutionellem Missbrauch meist viele Zeugen, zum Teil auch schriftliche Belege.
Da die Fälle, die jetzt offenbar werden, zum Teil Jahrzehnte zurück liegen und angesichts des Imageverlustes, den Katholische Institutionen derzeit erleiden, sollte so schnell wie möglich gehandelt werden, ansonsten droht das, was bei privaten Insolvenzen auch häufig passiert: das Geld wird vorab woanders gebunkert und die Verantwortlichen spielen „nackter Mann“.
Also bleibt nur eins: Rückwirkende Aufhebung der Verjährungsfristen, so schnell es geht.
Alles andere wäre schon aus wirtschaftlicher Sicht im Moment purer Leichtsinn.
Angelika Oetken, Berlin
Zitat: „Denn im Gegensatz zu Übergriffen, die im privaten Raum (Familie) geschehen, gibt es bei institutionellem Missbrauch meist viele Zeugen, zum Teil auch schriftliche Belege. “
Hallo,
das ist wohl richtig, aber dennoch leiden die Opfer aus „privatem Raum“ nicht weniger, nur werden sie meiner Meinung nach in allen aktuellen Diskussionen schlichtweg vergessen – die Öffentlichkeit möchte Sensationen in großem Rahmen, keine kleinen Familienklitschen.
Das Anliegen muss doch sein, beide Arten von Opfern unter einen Hut zu bringen, ich bitte dies auch hier immer mal wieder zu bedenken!
Ich hoffe sehr, dass Frau Bergmann einen Weg für alle findet!
Gruß,
Elke
Ich empfinde es nicht so, daß die „privaten“ Opfer vergessen werden.
Das jetzige Medieninteresse sehe ich als Chance an. Noch nie wurde so offen und so viel über sexuelle Übergriffe diskutiert – in den Medien, am Arbeitsplatz und privat.
Noch vor zwei Jahren hätte ich mich nie und nimmer getraut, zu offenbaren, daß ich sexuell misshandelt wurde.
Das Thema war damals so wenig in der Öffentlichkeit präsent, daß ich damit zur Außenseiterin geworden wäre. Und zur Projektionsfläche für Verdrängung.
Jetzt ist es umgekehrt – ich stoße eher auf Interesse, auch Anteilnahme als auf Befremden.
Die Menschen sind damit vertrauter geworden, auch die Hemmschwelle den Begriff „sexueller Missbrauch“ zu benutzen ist deutlich gesunken.
Das ist ein wichtiger Schritt – was ich benennen kann, wird auch präsent.
Wer welches Anliegen hat bei der Aufklärung ist ein ganz wesentlicher Punkt. Den politisch Verantwortlichen geht es sicherlich darum, möglichst wenig Geld auszugeben und möglichst wenig „Scherereien“ zu haben. Da einen „moralischen“ Anspruch vorauszusetzen halte ich für riskant.
Moralische Erwägungen sind Sache der Öffentlichkeit. Die Wähler müssen den Politikern klar machen, was sie von ihnen erwarten. Diese Erwartungen bilden sich langsam heraus, die Umfrageergebnisse sprechen da aber schon eine deutliche Sprache.
Letztendlich kommt es bei Veränderungen immer darauf an, wie sie konkret umgesetzt werden können.
Man stelle sich nur mal vor, Institutionen würden zivilrechtlich in Haftung genommen (Schadenersatz). Dann hätten es KlägerInnen, die wegen Übergriffen im privaten Bereich klagen, auf jeden Fall leichter.
Denn eigentlich gilt : Gleiches Recht für alle.
Und wenn sich so langsam in den Köpfen festsetzt, daß sexuelle Misshandlung von Kindern Teil unserer Alltagskultur ist, dann wäre das ein weiterer wichtiger Schritt hin zum realistischen Umgang mit diesem Thema.
Bisher kamen Täter im privaten Rahmen in der öffentlichen Darstellung immer als „der böse Mann“ oder „Wolf im Schafspelz“ daher. Also als Ausnahme.
Mein Eindruck ist, daß die Berichterstattung differenzierter wird. Die Hintergründe von Taten und die Verflechtungen werden differenzierter dargestellt.
Bis die Öffentlichkeit aber ihren Anteil daran wahrnimmt und Verantwortung übernimmt, ist es noch ein weiter Weg. Aber es ist der einzige für nachhaltige Veränderungen.
Nicht „die Politiker“ oder „das Jugendamt“ müssen dafür sorgen, daß sexuelle Misshandlung von Kindern vermieden wird, sondern wir alle.
Angelika Oetken, Berlin
Zitat: „Man stelle sich nur mal vor, Institutionen würden zivilrechtlich in Haftung genommen (Schadenersatz). Dann hätten es KlägerInnen, die wegen Übergriffen im privaten Bereich klagen, auf jeden Fall leichter.
Denn eigentlich gilt : Gleiches Recht für alle.“
Gleiches Recht für alle – das sollte klar sein. Nur: Das Unrecht zu beweisen fällt den Opfern von Kirche und Schule doch sehr viel leichter als uns privaten Opfern, und genau an der Stelle sehe ich uns untergehen.
Bezüglich des „Outings“ habe ich gänzlich andere Erfahrungen gemacht. Ich rede seit vier Jahren darüber, damals gab es noch keine Opfer öffentlichen Interesses. Es gab Menschen, die mir sofort geglaubt haben, es gab solche, die zuerst zweifelten und sich dann auf meine Seite stellten, und es gab die, die mich als Lügnerin hinstellten und sich von mir abwandten. Und das alles ist heute noch ganz genau so – ich weiß von einer Betroffenen, die vor wenigen Wochen als Trittbrettfahrerin tituliert wurde!
Natürlich ist es gut, alles an die Öffentlichkeit zu tragen und somit die Denk- und Handelsweise in den Köpfen ALLER zu verändern. Aber mit den übermäßigen Berichterstattungen über Kirchen und Schulen, die ja nur die Spitze des Eisbergs sind, tritt der Eisberg selbst komplett in den Hintergrund, er säuft ab und die Täter dieser Opfer reiben sich die Hände und machen eventuell sogar fröhlich weiter.
Viele Grüße,
Elke
Hat hier irgendwer eine Kontaktadresse von Frau Bergmann?
Sehr geehrte Frau Oetken,
für mich stimmt die Einschätzung von Frau Bergmann nicht und auch Ihr Kommentar dazu erscheint mir recht realitätsfern.
Auch bei einer nun geschaffenen neutralen Anlaufstellte treffen die Betroffenen, die dann an die gängigen Hilfsangegebote “ weiter gereicht “ werden, auf die Zustände, die herrschen. Bei akuter Not winkt die Psychiatrie, die in dem meisten Fällen bis heute retraumatisierend, bei
“ noch ambulant auffangbaren Fällen “ beginnt der Kampf um den Therapieplatz und die Finanzierung, in den Kliniken der Kampf um die
Behandlungsverlängerungen etc.
Liegt jemand blutend auf der Straße, muss sofort geholfen werden,
für die Schwerverletzten gibt es die Intensivstation, selbstredend wird dem aufgeholfen, der alleine nicht mehr aufstehen kann.
Nicht so bei Missbrauchsopfern. Allein die Perversion, dass hier die
Schwerverletzten auch noch wegen den herrschenden Zuständen in zu vielen Fällen gezwungen sind, selber aufzustehen, bzw. aus der Bodenlage
den Kampf um Hilfe zu führen, ist menschenverachtend und auch mit dem Grundgesetz unvereinbar. Solange dies nicht wirklich den
vielen Verantwortlichen bewußt wird, solange wird es m.E. auch auf der
juristischen Ebene Denken kommen.
Solange es vorherrschende Meinung und geltendes Recht ist,
dass äußere Verletzungen sofort geholfen gehört, da ansonsten die unterlassene Hilfeleistung rechtlich zum Zuge kommt, was eigentlich
der Zeitgeist schon seit 30 Jahren überholt hat, sich dies aber nicht rechtlich und in den Hilfsangeboten niederschlägt, solange ist m.E. nicht mit umwälzenden Veränderungen zu rechnen.
Die von Ihnen geschilderten Fällen, wo bereits genug Öffentlichkeit und
auch Zeugenschaften vorliegen, um hier überhaupt Gelder einfordern zu können sind nach meiner Erfahrung die selteneren, weil, bis es soweit überhaupt gediehen ist, die Dunkelziffer der Opfer bereits in der
Blutspur der Täter auf der Strecke geblieben sind.
Frau Bergmann sagt : “ Am Ende wird es auch um Geld gehen… für Empfehlungen an die Regierung ist es noch zu früh….“ , es ist aus meiner Erfahrung genau umgekehrt : zuerst geht es mal ums Geld.
Kein Dienstleister aus dem Sektor der helfenden Berufe arbeitet umsonst, ob Therapeuten oder sonstwer, und, so unsere Erfahrung, selbst wenn akute Suizidalität vorliegt, kommt zuerst die Frage nach dem Überweisungsschein oder die Weiterreichung an die Psychiatrie….
Die öffentlichen Anlaustellen wie die Frauennotrufe für Frauen und Mädchen z.B. kämpfen um ihre Existenz, um jeden Pfennig Zuschuss und am Limit.
Würde Frau Bergmann gesagt haben : Sofort werden alle bislang funktionierenden Anlaufstellen mit genügend Finanzkraft versorgt,
und sofort weden Mittel zur Verfügung gestellt, um allen Betroffenen die
Wege, die sie jetzt zur Aufarbeitung gehen wollen, zu gehen, sofort werden in allen Amtsgerichten kostenlose Beratungsstellen für Betroffene angeboten, es werden sofort nicht nur Anlaufstellen sondern
auch wie die Frauenhäuser “ Missbrauchsopferhäuser “ eingerichtet, an die sich alle Kinder und Jugendlichen wenden können und wo sie sofort aufgenommen werden und auch versorgt….hier gäbe es viele Möglichkeiten.
Ich denke eher, dass auch Sie letzlich auf dieses moralische Gerede hereinfallen, dass nun überall so hervortrieft, letztlich wird all dies Gerede im Endeffekt genau daran zu messen sein, wie sich diese
allseitige moralische Entrüstung gerade und auch bei den Politikern,
in konkret zur Verfügung gestellte Gelder für die Betroffenen “ tätlich “
zeigt.
Mit dieser Regierung wird es m.E. auch keine Veränderung der Verjährungsfristen geben, natürlich muss die Forderung immer wieder verbalisiert werden und ihr zugearbeitet, aus meiner Erfarung sind hier
bis in die höchsten nämlich Bundesinstanzen durchgekämpfte Präzidenzfälle eher von größerer Wirkungskraft, weil ist ein Urteil auf dieser Ebene erkämpft, ist es bundesweit in den unteren Instanzen als Maßstab anzuerkennen und übt auch am meisten Druck auf die
Gesetzgeber aus.
Auch dies kostet zuerst viel Geld und Kraft.
Zu den Ärzten und Therapeuten : Es gibt wenige, die den Mut haben, sich hier deutlich aus dem Fenster zu lehnen, aber es gibt sie. m.E. gilt es hier, diese zur Mitarbeit zu gewinnen. Da diese nach meiner Erfahrung auch keine Berührungsängste mit ihren Patienten haben und sehr wohl bereit sind, sich mit diesen zu solidarisieren.
Bei all den anderen ist m.E. z.B. eine Therapeutencheckliste überfällig,
die von vorne herein hilft,für jeden Betroffenen zu erkennen, ob er an der richtige Stelle sein könnte, da für ihn/sie diese Wahl schließlich über Sein oder Nichtsein entscheiden könnte und jeder Therapeut, der sich nicht checken lassen möchte, ob er/ sie z.B. Supervision macht, ob er/ sie entspr. Ausbildungen hat etc. sich so schon disqualifiziert.
Die Tatsache, dass von Fachleuten die Traumatherapeuten immer wieder vor der “ Infizierung mit den traumatischen Inhalten “ gewarnt werden,
d.h. der Traumatisierung der Therapeuten durch die Arbeit mit den Betroffenen sollte m.E. öffentlich gemacht werden, weil hierdurch
so deutlich wird, wie schwer die Traumabehandlung selbst für die Dienstleister ist, die gar nicht direkt betroffen sind, oder, wie Frau Prof. Wirtz es ausgedrückt hat, dabei, dass “ Unbewältigbare zu bewältigen „.
Sicherlich ist die Petition der Beschwerde wegen der Verjährungsfristen ganz wichtig, aber ich sehe die Gleichstellung Betroffener mit physisch schwer Kranken und chronisch lebensbedrohlich Erkrankten als Basis dafür, dass sich Grundsätzliches an allen Hilfsangeboten und Be handlungsmöglichkeiten verändert, und wäre gerne bereit, dies in Form von Öffentlichkeitsarbeit und auf dem Petitionsweg voranzubringen.
Mara
Hallo Angelika, Elke und Mara,
ich finde alle Aspekte, die ihr drei in Euren Kommentaren beleuchtet habt, sehr wichtig.
Und ich fände es sehr schade, diese verschiedenen Punkte nur hier im Forum zu belassen.
Ein offener Brief an Fr. Bergmann, der all diese Fakten aufgliedert, wäre am effektivsten.
Sarah M.
Hallo Sarah,
ich komme derzeit nicht in mein eigenes Forum, es heißt ich sei schon drin…
Wollte dir aber sagen, dass ich keinerlei Kontakadresse gefunden habe, ansonsten wäre schon eine Nachricht an Frau Bergmann zumindest in meinem Kopf unterwegs.
Viele Grüße,
Elke
Liebe Sarah M.,
ich bin mir sicher, daß Leute, die strukturelle Entscheidungen treffen bzw. deren Mitarbeiter hier schon eifrig mitlesen.
Deshalb freue ich mich über die Vielfalt der Meinungen und die sachlichen Beträge hier im Forum.
Sie signalisieren, daß die Entscheidungsträger uns das Denken nicht abnehmen müssen und daß die meisten hier das auch gar nicht wollen.
Herzliche Grüße von
Angelika Oetken, Berlin
Im Internet :
kontakt@ubskm.bund.de
Anschrift
Bundesinnenministerium d.Justiz
Mohrenstr.37
10117 Berlin
030202570 http://www.bmg.bund.de
Es gibt viele Verletzungen der Menschenwürde und Rechte,dort wo geschlossene Räume sind,habe mich an die Hotline der Krche gewandt,
die Caritas ist keine kirchliche Einrichtung,sondern ein gemeinnütziger
Verein,der Name bedeutet Dienen,einige Träger haben den Namen nicht verdient,man hat mir empfohlen ,mich an die Polizei zu wenden ,und dort
Anzeige zu erstatten,der Fall sei nicht verjährt.
Jetzt bin ich sehr kritisch geworden ,ob der Runde Tisch durch die Vertretung der Justiz mir weiterhilft,diese Aussage hat mich sehr betroffen,vom Bistum erhalte ich keine entsprechende Mitteilung,es geht in diesem Fall um Übergriffe an meiner behinderten Tochter,Schutzbefohlene:Kinder,Alte, Behinderte und Kranke können nicht davon laufen und sich nicht wehren,aus meiner Sicht ,wird in meinem Fall gemauert,die Sensibilität,die Achtung vor dem Anderen,
auch vor deren Eigentum ,das Richtige Augenmass ist abhanden gekommen.Für eine Klage fehlen mir die Mittel.
Liebe(r) Witt,
auf jeden Fall erachte ich es für wichtig, dass Sie bei der Polizei Anzeige erstatten. Dies kostet noch nichts und der Verjährungsprozeß ist damit unterbrochen. Dieser erste wichtige Schritt führt Sie weiter und macht Sie zur handelnden, nicht mehr nur erleidenden Person. Dies ist ein großer Unterschied.
Sehr geerhrter Herr Witt,
bitte wenden Sie sich an den Weißen Ring:
http://www.google.de/search?sourceid=navclient&hl=de&ie=UTF-8&rlz=1T4MEDB_deDE320&q=Wei%c3%9fer+Ring
hier finden Sie die in Ihre Nähe geieignete Zweigstelle. Der Weiße Ring kann sie im Umgang mit den Behörden beraten, in finanzieller Unterstützung Sie gerichtlich begleiten. Wenn der Missbrauch noch nicht verjährt ist, verstehe ich nicht, warum die Polizei nichts unternimmt nach Ihrer Anzeige!
Geben Sie nicht auf, das Recht steht auf Ihrer Seite!
Sarah M.
Lieber Herr Witt,
behinderte Menschen sind leider in einem hohem Maße sexueller Misshandlung ausgesetzt, bei behinderten Frauen geht man von eine Rate von 50 Prozent aus.
Insofern gehe ich davon aus, daß Ihre Tochter auf keinen Fall die einzige Betroffene ist – ich gehe dabei davon aus, daß es sich um Übergriffe innerhalb einer Einrichtung handelt.
Meine Vorredner haben eine Anzeige empfohlen und sich Unterstützung bei einer Beratungsstelle zu holen – das empfehle ich Ihnen auch unbedingt.
Darüberhinaus könnten Sie auch Kontakt zu Menschen und ihren Angehörigen suchen, die ebenfalls in dieser Einrichtung waren. Wenn Sie nur zwei andere Betroffene finden, dann sind Sie schon eine Gruppe, nicht mehr allein und schlechter zu manipulieren. Die Einrichtung und deren Träger wird sich mit allen Mitteln wehren, da es um deren Imgage und damit um Belegung und Gelder geht.
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Tochter viel Erfolg und Alles Gute,
Angelika Oetken, Berlin
@Sarah
die Polizei verwaltet nur.
Wirkliche Hilfe in solchen Fällen kann man von dort
am wenigsten erwarten.
Wer weiterhelfen könnte, ist sicher „der weiße Ring“, sofern die nicht nicht nur dazu raten, sich damit an die Polizei zu wenden.
In solchen Fällen einen geeigneten Helfer zu finden, der einen fachkundig unterstützt, ist mit Zufall verbunden. Leider gibt es immer noch keine geeigneten Anlaufstellen, die in solchen Fällen umfassend und vor allem wirkungsvoll den Opfern zur Seite stehen. Die meisten hören sich auch nur gern „die Geschichte“ an, und das wars dann. Dann kann man sich noch in Therapie begeben, wo man lernen soll, mit den Übergriffen irgendwie zu leben.
Das ist höchst unbefriedigend. Auch hier ist es sehr selten, daß Einrichtungen effektiv die Täter konfrontieren. Es ist ja auch unbequem, teils sogar gefährlich und das will man dann eben nicht.
Lieber befasst man sich dann nur mit dem Opfer allein. Das ist dann wie mit einem „Perpetuum mobile“ zu sehen.
Eine annähernde ausgleichende Gerechtigkeit wiederherzustellen wäre dabei so sehr wichtig. Findet das nicht statt, wird eine Art Gefälle zw. Opfer und Täter immer bestehen bleiben, was ein Opfer dann massivst nachhaltig belastet.
Und es helfen dann auch keine unqualifizierten Sprüche, wie
„man muss auch mal vergssen können und wieder nach vorn schauen“
Man kann nur hoffen, daß die neue beauftragte Christine Bergmann auch immer im Sinne der Betroffenen handelt und vor allem Veränderungen durchsetzt.
Lieber Hubert,
auf den „wertvollen“ Ratschlag “man muss auch mal vergssen können und wieder nach vorn schauen”, der im Übrigen ja nur ein Gradmesser für das Verdrängungsbedürfnis des „Beratenden“ ist, antworte ich mittlerweile:
„Genau das mache ich ja, nach vorne schauen, aber auch nach rechts und links und was sehe ich da – überall Anzeichen von sexuellen Übergriffen – was raten Sie mir- soll ich weggucken? Was tun Sie, wenn Sie davon erfahren, daß Kinder sexuell misshandelt werden?“
Ich nenne diese Taktik „Ball zurückspielen“ – der andere hat damit sein Problem von mir wieder vor die Nase geknallt bekommen.
Herzliche Grüße von
Angelika Oetken, Berlin
Hallo Angelika,
die „provaktive Interaktion“, du nennst sie „Ball zurückspielen“, ist in der Verhaltenspsychologie ein ganz wichtiges Instrument, um – wie du oben sehr treffend formuliert hast, dem Gegenüber einen Spiegel seiner Selbst vorzuhalten. Generell gilt auch in der Kunst der Rethorik: Wer fragt, der führt das Gespräch!
Nur so kann man provokativen und deplazierten Aussagen effektiv begegnen!
Sarah M.