Leserbrief an die Süddeutsche Zeitung vom 26.4.10

Mit Interesse habe ich den Artikel von Heribert Prantl gelesen; die vertretenen Thesen überzeugen nicht nur, sondern zeugen auch von einer ordentlichen Portion Empathie mit dem geschlagenen Kind. Ich frage mich nur, warum weder in diesem noch in irgendeinem anderen Artikel, der in den letzten Wochen im Zusammenhang mit Gewalt und Missbrauch an Kindern in den Medien erschienen ist, mit irgend einem Wort die umfangreichen und in zahlreichen Büchern dokumentierten Studien der Schweizer Psychotherapeutin und Kindheitsforscherin Alice Miller erwähnt werden.
Wenn es irgend jemanden auf der Welt gibt, der sachkundig und höchst fundiert darüber Auskunft geben kann, welchen Schaden Gewalt in Kinderseelen anrichtet, dann ist das wohl Alice Miller mit ihren Büchern  Am Anfang war Erziehung  —  Das Drama des begabten Kindes  —  Du sollst nicht merken (um nur einige wenige zu nennen …).
Aber seltsamerweise ignorieren alle Medien in scheinbar still schweigender Übereinstimmung konsequent diese einzigartige Fachfrau in Sachen gewaltfreie Erziehung.
Könnte das daran liegen, dass Alice Miller immer wieder die eminent wichtige Rolle, die ELTERN im Leben ihrer Kinder spielen, untersucht? Bevor Kinder der Gewalt von Lehrern, Priestern, Jugendleitern zum Opfer fallen, haben sie viele Jahre ihres Lebens unter dem all umfassenden Einfluss ihrer Eltern verbracht. Die Eltern sind es, die das Fundament für das gesamte spätere Leben ihrer Kinder legen, denn sie sind die ersten und wichtigsten Bezugspersonen im Leben eines jeden Erdenbürgers.
Hierüber hat Alice Miller mehrere Jahrzehnte ihres Lebens geforscht und ausführlich berichtet. Warum bedienen sich die Medien nicht an diesem überreichen Forschungsfundus?

Dies fragt
Karin Gause
Mendelssohnweg 8
31319 Sehnde