Pressemitteilung: Zur Entscheidungsverkündung im Würzburger Missbrauchsprozess am 6.07.2010

Die heute 49-jährige Frau Cornelia W. verlangt von der Diözese Würzburg Schadensersatz in Höhe von 250.000 Euro, weil sie als Kind im katholischen Marienheim in Würzburg über mehrere Jahre hinweg von einem katholischen Priester sexuell missbraucht und vergewaltigt wurde und von einer Nonne des Franziskanerordens Maria Stern brutal geschlagen wurde. Der Prozess wird zum Teil mit staatlicher Prozesskostenhilfe, zum Teil mit finanzieller Unterstützung der Giordano-Bruno-Stiftung geführt. Prozesskostenhilfe wurde für die Geltendmachung des Schadens gewährt, der der Klägerin durch Misshandlungen in den letzten 5 Monaten ihres Heimaufenthalts entstanden ist. Hierfür wäre ein Betrag von insgesamt 90.000 Euro angemessen, entschied das Gericht. Für die übrige Zeit – mehrere Jahre – des qualvollen Heimaufenthalts könne die Klägerin keinen Schadensersatz mehr verlangen, weil sich die Kirche auf Verjährung beruft. Dass nicht die gesamte Leidenszeit von dieser Einrede betroffen ist, hängt damit zusammen, dass die Klägerin ihre furchtbaren Erlebnisse lange Zeit verdrängt hatte und erst im Rahmen einer psychiatrischen Behandlung und Retraumatisierung sich wieder daran erinnerte.

Diese psychische Situation der Klägerin, die unter schwersten posttraumatischen Belastungsstörungen leidet, war Gegenstand der ersten mündlichen Verhandlung des Prozesses, die am 4.5.2010 in Würzburg stattfand. Dabei machte der Anwalt der Klägerin geltend, dass von der Verjährung nicht nur 5 Monate, sondern mehrere Jahre ausgenommen seien, sodass eine Entschädigung in Höhe von 250.000 Euro gerechtfertigt sei. In der bevorstehenden Entscheidung geht es nun darum, ob und für wie lange das Gericht die Verjährung für unterbrochen hält, weil Frau Cornelia W. aufgrund ihrer psychischen Belastungen nicht in der Lage war, ihre Schadensersatzklage rechtzeitig zu erheben. Bejaht das Gericht die Unterbrechung der Verjährung, muss es nun in die Beweisaufnahme über die Missbrauchsvorwürfe der Klägerin eintreten und am 6.7.2010 einen entsprechenden Beweisbeschluss verkünden. Verneint das Gericht die Unterbrechung der Verjährung, würde es die Klage abweisen.

Rechtsanwalt Dr. Christian Sailer, der die Klägerin vor Gericht vertritt: „Ich hoffe, dass der wohl erste Prozess, in dem ein Missbrauchsopfer die Kirche auf Schadensersatz verklagt, nicht an der Einrede der Verjährung scheitert, an der die Kirche perfide festhält, obwohl sie in der Öffentlichkeit immer wieder betont, sie wolle endlich an die Opfer denken. In Österreich verzichtet die Kirche inzwischen auf Verjährungseinreden. In Deutschland lässt man die Missbrauchsopfer weiter an die Wand laufen.“

Im Rahmen der bisherigen Presseberichterstattung wurde verschiedentlich darauf hingewiesen, dass es sich bei dem Anwalt der Klägerin um den Rechtsberater und Pressesprecher des Universellen Lebens handle. Rechtsanwalt Dr. Christian Sailer stellt hierzu folgendes fest: „Meine persönliche Glaubenseinstellung spielt im vorliegenden Fall keinerlei Rolle; ebenso wenig meine Tätigkeit als Rechtsberater des Universellen Lebens (einen eigenen Pressesprecher gibt es schon seit Jahren nicht mehr). Frau W. hat mit der Glaubensgemeinschaft nichts zu tun, sondern kam zu mir als freiberuflich tätigem und unabhängigem Anwalt. Als solcher werde ich sie auch weiter mit Nachdruck vertreten, auch wenn dies manchem kirchennahen Pressevertreter nicht gefällt.“