Frankfurter Rundschau 24.11.2010

„Tatort Internet“ will Missbrauch im Netz anprangern. Der öden TV-Reihe aber fehlt jede Ernsthaftigkeit.

Es ist viel debattiert worden über den aufklärerischen Nutzen der Sendereihe „Tatort Internet“. Wäre nicht anfangs die strahlende Ehefrau des ebenso glanzvollen Verteidigungsministers zu Guttenberg mit von der Partie gewesen – sie hat ein Buch über sexuellen Missbrauch geschrieben, ist seit Jahren für das Thema engagiert und also nicht RTL2-Krawall-verdächtig –, möglicherweise wäre die mediale Aufmerksamkeit geringer ausgefallen. Ohne Frage: Zuschauer der Sendungen (und Leser der Zeitungsdebatte) zu sensibilisieren für sexuellen Missbrauch, der durch Chats im Netz beginnt, auch die Frage nach den Instrumenten unseres Strafrechts für solche mehr als fragwürdigen Bekanntschaften zwischen Pädophilen und ihren jugendlichen Opfern zu stellen, das ist notwendig und mehr als legitim. Gut also, dass das Thema – der Fachbegriff „unserer“ Sprache dieser Tage dafür lautet absurderweise „Cyber Grooming“ – seinen Platz zwischen Stuttgart 21 und der Sarrazin-Empörung gefunden hat.

Sieht man sich allerdings einige Folgen von „Tatort Internet“ an, ist der Eindruck ein weit weniger positiver. Ich vermute, in der Machart der Sendungen liegt auch der Grund für den Rückzug der Ministergattin – wenn es sich bei ihrer Abwesenheit in den letzten Folgen denn um einen solchen gehandelt hat. Sie befand sich hier in der Tat in schlechter Gesellschaft.

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