Offener Brief an:

die Katholische-Bischofskonferenz, Mönchengladbach,
An den Vors. der Evang. Kirche Deutschland,
An Frau.Dr. Bergmann,
An alle Mitglieder und Verbände Runder-Tisch Berlin

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Eminenzen und Exzellenzen,

am 13.Dez. 2010 soll der Runde-Tisch Berlin eine Empfehlung u.a. bzgl. einer Entschädigung an die Missbrauchsopfer aussprechen. Wie Ihnen ganz sicherlich bekannt ist, haben sich im laufe der letzten Jahre tausende Opfer bei den kirchlichen Missbrauchskommissionen gemeldet. Ebenfalls nochmals tausende bei der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung Frau Dr. Bergmann. Vergessen wollen wir die Missbrauchten nicht, welche sich in ihrer Not, an die deutschlandweiten Opferverbände, z.B. Verein ehemaliger Heimkinder e.V., NetzwerkB e.V., Zornröschen u.v.a.
gewandt haben, weil sie kein Vertrauen in kirchliche und staatliche Einrichtungen mehr haben.

So kamen unzählige Schicksale zu Wort und an die Öffentlichkeit, welche jahrzehnte zuvor geschwiegen haben, aus Scham, Angst und wegen ihrer seelischen Verwundbarkeit (Trauma). Von der Enttäuschung und Verletzbarkeit durch Kirche und Staat mal ganz zu schweigen und dem Gefühl allein gelassen zu sein.

Versagt haben viele Kirchen-u. Staatsdiener, was die Aufklärung/Aufarbeitung dieser Missbrauchsfälle anbelangt. Es gab nachweislich ein kollektives Verschweigen und Vertuschen, bis hin zur Verharmlosung dieser perfiden Vorfälle.
Ein gutes (schlechtes) und aktuelles Beispiel, ist wohl die Präsentation der Missbrauchs-Aufarbeitung im Erzbistum München-Freising, durch die RAin Marion Westphahl. “Der Missbrauch durch 159 Priester seit 1945″ ist um so erschütternder, da die Dunkelziffer weitaus höher liegt, da man die Unterlagen bei einem verstorbenen Priester in dessen Wohnung fand. Hinzukommt der versteckte Vorwurf der Korruption und Erpressung.

Der Fall “Bischof Mixa” zeigte zudem, dass ein geweihter Mann keinen Skrupel hatte, in die Waisenhaus-Kasse zu greifen, um seinem Ego zu fröhnen. So könnte ich fortfahren mit derartigen Vorfällen, welche Dank der Medien/Presse ans Licht der Öffentlichkeit gelangt sind. Ganz Europa und Übersee war/ist mit diesem Missbrauchs-Virus von ehrwürdigen Priestern überzogen worden und die finanziellen Entschädigungen entsprachen dem tatsächlich erlittenen Schaden, Schmerz, Demütigungen …, welche diese Opfer bis heute zu erleiden müssen.

Nur Deutschland und Belgien will um die Entschädigung auf Kosten der Opfer schachern, wie einst im Tempel die Pharisäer und Zöllner. Viele Päpste haben damals geschwiegen bzw. haben erst sich zu diesem Thema geäussert, als es schon lange Thema in der Öffentlichkeit war, aus Sorge um den Ruf ihrer Kirche, denn unsere Kirche kann sie ja nicht mehr gewesen sein. Eine Kirche, welche die 10 Gebote gepredigt und permanent aber selber dagegen verstoßen hat, kann für sich nicht in Anspruch nehmen Universal zu sein und excathedra, also ohne Zweifel, für alle Christen zu sprechen. Denn die kirchliche Glaubwürdigkeit ist nicht vereinbar mit den ehrverletzenden Missetaten ihrer Mitarbeiter.

Uns Kindern der 50er, 60er + 70er Jahre wurde viel Unrechtes und Schändliches angetan und unter Androhung im Fegefeuer zu landen, haben wir geschwiegen und vieles weiterhin über uns ergehen lassen. Wem hätten wir uns seinerzeit denn anvertrauen, wem unser Leid mitteilen können, wer hätte uns so etwas Unfassbares überhaupt geglaubt?!

Sinnvolle Anlaufstellen und Einrichtungen, wie es sie heute gibt, gab es damals nicht. Es gab auch keine Notfallseelsorge, keine Heimaufsicht, denn die meisten Heime waren, wie man heute feststellen muss, ein rechtsfreier Raum, trotz (Landes) Jugendämter (Institutionelle Verantwortung). Wer es wagte den Mund aufzumachen, der wurde als schwererziehbar eingestuft und in eine entsprechende Einrichtung gesteckt.

Viele Internet-Foren, Face-book, jou tub, Zeitungen, Magazine und Webseiten können dies belegen und viele Ehemalige bezeugen! Einer etwas ungewöhnlichen Methode bedienten sich einige Bistümer, indem sie von den Opfern eine Eidesstattliche Versicherung abverlangt haben, da “logischerweise” in den bischöflichen Personalakten keine Einträge zu finden waren und das Opfer nur schwer oder gar nicht an seine Heimakte gelangte.

Wenn heute alle Bistümer und evang. Kirchenkreise ihre (Geheim) Archive öffnen würden, was würde da noch alles zu Tage treten?!

Eminenzen und Exzellenzen, ist Ihnen eigentlich wirklich bewusst, was Sie uns allen angetan haben und noch tun, indem Sie nun um eine finanzielle Entschädigung schachern und nur im Einzelfall zahlen wollen, wenn das Opfer Hilfsbedürftigkeit nachweisen kann. Kommt Ihnen nicht in den Sinn, dass alle Opfer der HILFE benötigen und immer noch sehr viele sich in Therapie befinden?! Wer hat eigentlich die Therapie von Bischof Mixa bezahlt in der teuren Schweiz?)
Ihre Kirchendiener haben nicht nur gegen göttliche Ge(Ver)bote verstoßen, sondern auch eindeutig gegen die Deutsche Verfassung. Verstoß gegen die Menschenwürde, gegen die freie sexuelle Entfaltung, gegen freie Religionsausübung, gegen die freie Berufswahl, und ganz schlimm, sie haben sich gegen das Wohl vieler Kinder (Kindersklavenarbeit) entschieden.

Sie kleiden sich mit purpurroten Gewänder, was das Blut Christie symbolisieren soll, aber es ist auch unser Blut, was an vielen dieser Gewänder haftet.

Denn unzählige Missbrauchsopfer haben den Freitod gewählt, weil sie sich niemanden anvertrauen konnten. Altäre wurden verunreinigt und entweiht, an denen Kinder im guten Glauben an Gott und ihren Priestern, den Ministrantendienst versahen, um dann nach der Hl. Messe in der Sakristei missbraucht zu werden.

Jahrzehnte tragen wir all diese Erlebnisse mit uns herum, konnten uns nicht einmal EhepartnerINNEN, FreundenINNEN oder Familienangehörigen anvertrauen. Wer hätte das Unfassbare auch glauben können?

Dieses Kindheitstrauma machte viele von uns beziehungsunfähig (mich auch), sie ekelten sich vor dem Geschlechtsverkehr (wirkt wie ein Zwangszölibat), erleben Alpträume und benutzen Notlügen, um weiterhin lebensfähig zu bleiben. Viele flüchteten in eine Scheinwelt und belogen, wie ich, sich selber.

Weitere Opfer gerieten in eine sozial-moralische Schieflage und es wurde ihnen mangelndes Unrechtsbewusstsein vorgeworfen.

Was Ihr den geringsten meiner Brüder angetan habt, dass habt Ihr mir getan…, so sprach Jesus.

Wie wollen Sie unter dieser moralischen Verantwortung, welche nur Sie alleine zu tragen haben, den Opfern Wiedergutmachung leisten?

Muss Buße, welche Sie anderen nach der Beichte auferlegen, nicht auch schmerzvoll für Sie sein? Müssen Sie nicht auch finanzielle Opfer für die Opfer erbringen?

Weihnachten feiern Sie den Tag des Kindes, da ist es versöhnlich, wenn Sie sich am 13.Dez. 2010 nicht kleingeistig einer finanziellen Entschädigung widersetzen würden.

Unter erheblichem finanziellem Aufwand, mussten wir unsere Beweise und Akten zusammentragen, dies auch oft gegen den Willen der Kirchen. Wir mussten erneut die Hosen runter lassen, gezwungener Maßen auch vor unseren Freunden, Kollegen und Bekannten, denn unsere Nachforschungen liessen sich nicht länger verheimlichen.

Zeigen Sie ein großes MEA CULPA und gehen Sie den Gang nach Canossa und entchädigen Sie uns für eine geraubte Kindheit, ohne Frieden und Freude.

Geben Sie uns keine 30 Silberlinge, sondern begegnen Sie uns auch am 13. Dez. mit Achtung und Würde und treffen dann Ihre Entscheidung und lassen den Heiligen Geist sprechen.

Sie entscheiden über Gelder gläubiger Menschen, es sind Gelder welche Ihnen durch Schenkungen, Spenden, Steuern anvertraut wurden. Sie sind nicht Eigentümer, sondern Verwalter dieser Gelder und müssen es angemessen zurückzahlen, oder auszahlen, wenn diese Gelder nicht zweckgebunden eingesetzt waren, oder Sie entstandenen Schaden wiedergutmachen müssen. Nutzen Sie die Gunst der Stunde und leiten Sie die Entschädigung ohne Wenn und Aber an alle Opfer verantwortungsvoll und in aller Demut weiter!

Uns ermöglichen Sie damit einen notwendigen Neuanfang für den noch verbleibenden Rest unseres Lebens in Würde und Sie beweisen, dass nicht alles, auch bei Ihnen, im Leben am Geld hängt, sondern auch in der Liebe am Nächsten.

Ein besinnliche Adventszeit wünsche ich Ihnen, und eine innere Einkehr.

Mit freundlichen Grüssen
Uwe Werner
Aachener Str. 316
41069 Mönchengladbach
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