Stand: 27. Januar 2011

Dies – und nicht die Zahlungsfähigkeit der Täter – muss in den Mittelpunkt der Frage nach einer Entschädigung von Opfern von sexualisierter Gewalt in der Kindheit rücken. Es geht um den Schaden, den das Opfer durch den/die Täter erlitten hat. Es geht nicht um den Schaden, der dem Täter aus seinen Straftaten entstanden ist.

Um die Frage nach einer „gerechten“ Entschädigung überhaupt beantworten zu können, ist es notwendig, das wahre Ausmaß, den Umfang und die Charakteristik von sexualisierter Gewalt gegen Kinder ebenso wahrzunehmen, wie die Auswirkungen dieser Erlebnisse auf die Betroffenen. Bis heute verstecken sich gerade die Folgen sexualisierter Gewalt häufig hinter vielfältigen psychischen und somatischen „Diagnosen“, weil Jahrhunderte lang überhaupt niemand die Frage stellte, ob es zuvor Erfahrungen von sexualisierter Gewalt in der Kindheit gab.

Zum Ausmaß, Umfang und Charakteristik der Taten ist zu sagen, dass diese bei Weitem das übersteigen, was sich der Normalbürger darunter vorstellen mag. Man muss sich einfach bewusst sein, dass diese Straftaten gegen Kinder kollektiv verdrängt wurden und noch immer werden, so dass das öffentliche Bild von sexualisierter Gewalt an Kindern vor allem unter einer starken Verzerrung leidet.

„Typisch“ für sexualisierte Gewalt gegen Kinder ist, dass die Kinder häufig bereits im Säuglings- und Kleinkindalter bzw. Grundschulalter Opfer werden. „Typisch“ an sexualisierter Gewalt gegen Kinder ist auch, dass es sich in den seltensten Fällen um einmalige Übergriffe handelt. In der Regel sind es regelmäßig wiederkehrende, jahrelang anhaltende, unausweichliche, massiv ängstigende Erlebnisse für das kindliche Opfer. „Typisch“ an sexualisierter Gewalt gegen Kinder ist außerdem, dass der Täter fast immer eine Vertrauensperson ist.

Sexualisierte Gewalt durch einen Erwachsenen an einem Kind ist u.a.: scheinbar „zufällige“ Berührungen des Kindes in der Absicht der Befriedigung eigener sexueller aber auch nicht-sexueller Bedürfnisse; absichtliche Berührungen des Kindes zur Befriedigung eigener sexueller und nicht-sexueller Bedürfnisse; Herbeiführung von Situationen, in denen solcherart Zugriff auf das Kind möglich ist; Zurschaustellung der eigenen Geschlechtsorgane oder Aufforderung an das Kind, die eigenen Geschlechtsorgane zu zeigen und/oder diese (sowohl des Erwachsenen wie des Kindes) zu berühren; Masturbation vor dem Kind und/oder Aufforderung an das Kind, dies zu tun (sowohl beim Erwachsenen als auch bei sich selbst); fotografieren oder filmen solcherart Handlungen; Streicheln, Küssen, „Pflegen“ des Körpers/der Genitalien des Kindes in der Absicht der Befriedigung eigener sexueller und nicht-sexueller Bedürfnisse; Penetration der Genitalien des Kindes mit Fingern, Gegenständen, etc.; Vergewaltigung des Säuglings, Kleinkinds, Grundschulkindes, Jugendlichen. (Keine abschließende Liste)

Alle diese Erlebnisse gehören nicht zur normalen kindlichen Entwicklung. Sie stellen eine massive Überforderung der neuronalen, kognitiven, psychischen und physischen Konstitution des Kindes dar. Das kindliche Opfer wird durch diese massive Überforderung extremem Stress, extremer Angst und extremer Ohnmacht ausgesetzt. Es erlebt, dass Vertrauenspersonen gefährlich sind, und kann sich aufgrund der Zugriffsmacht des Täters nirgends mehr sicher fühlen. Das „Geheimnis“, das ihm der Täter aufzwingt, verwirrt, beschämt und isoliert das kindliche Opfer. Der Verrat und die Gewalterfahrung durch eine Vertrauensperson bedeuten für das kindliche Opfer den absoluten Verlust von Sicherheit und untergraben sein Vertrauen in andere Menschen und eine „normale“ Werte- und Weltordnung.

Sexualisierte Gewalt traumatisiert lebenslänglich

Sexualisierte Gewalt heißt deshalb sexualisierte Gewalt, weil diese Übergriffe immer unter Ausnutzung des Machtgefälles und der Abhängigkeitssituation zwischen einem Erwachsenen und einem Kind vollzogen werden. Das Gewaltsame ist die Ausnutzung des Machtgefälles und der Abhängigkeitssituation durch den Erwachsenen. Missbraucht der Erwachsene seine Macht und die Abhängigkeit des Kindes mittels sexueller Handlungen, Worte, etc., um sowohl sexuelle wie nicht-sexuelle Bedürfnisse zu befriedigen, so sexualisiert er diese Gewalt.

Aus der Gewaltforschung ist bekannt, dass über längeren Zeitraum erfahrene, regelmäßig wiederkehrende, unausweichliche Gewalterlebnisse massive Folgen für die Betroffenen haben. Hier sei an die Untersuchungen zu Aufenthalten in Kriegsgebieten, Konzentrationslagern, Foltergefängnissen etc. erinnert. Menschen, die sich über längere Zeit in für sie unausweichlichen, unterlegenen, häufig als lebensbedrohlich erlebten Situationen befinden, in denen sie extremen Stress, extreme Angst und extreme Ohnmachtsgefühle erleben, reagieren auf sehr ähnliche Weise. Diese Reaktion wird heute mit dem Begriff Posttraumatische Belastungsstörung beschrieben und ist bei Erwachsenen mittlerweile gut erforscht.

Doch bei der sexualisierten Gewalt gegen Kinder sind diejenigen, die sich jahrelang in unausweichlichen, unterlegenen, extrem überfordernden und häufig als lebensbedrohlich erlebten Gewaltsituationen befinden, in denen sie extremen Stress, extreme Angst und extreme Ohnmachtsgefühle erleben, Kinder. Es sind Säuglinge, Kleinkinder, Grundschulkinder, Jugendliche.

Im Gegensatz zu Erwachsenen, bei denen traumatisierende Erlebnisse auf eine einigermaßen entwickelte Psyche treffen (und diese dennoch schwer beschädigt wird), hat die unreife kindliche Psyche diesen Erfahrungen so gut wie nichts entgegenzusetzen. Daher kann davon ausgegangen werden, dass die neuronalen, kognitiven, psychischen und physischen Folgen von jahrelangen traumatisierenden Erlebnissen für Kinder weitaus gravierender sind als sie schon für Erwachsene sind.

Bei erwachsenen Traumaopfern können die Folgen wie beispielsweise Wesensveränderungen, innere Erstarrung, Nachhallerinnerungen, Depressionen, Wutausbrüche, etc. aufgrund der Möglichkeit einer „vorher-nachher“-Betrachtung eindeutig den traumatischen Erlebnissen zugeordnet werden. Dies ist bei kindlichen Traumaopfern aufgrund ihres Alters und der kollektiven Verleugnung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder nicht der Fall: Ihre auffälligen Verhaltensweisen und körperlichen Symptome werden nicht als Wesensveränderung nach bzw. Folge von schwerer Traumatisierung erkannt, sondern als wesensimmanent bzw. individuelle Störung des Kindes missinterpretiert.

Kindliche Traumaopfer senden vielerlei Signale, die auf ihr Leid aufmerksam machen. Nur kann oder will sie niemand verstehen. Aufgrund der kollektiven Verdrängung der sexualisierten Gewalt gegen Kinder werden bei Betroffenen vielerlei körperliche und seelische Diagnosen erstellt, die alle eines gemeinsam haben: Sie blenden das Trauma aus.

Daher bleiben kindliche Opfer sexualisierter Gewalt mit ihrem schrecklichen Leid alleine. Mit ihren unausgereiften neuronalen, kognitiven, psychischen und physischen Möglichkeiten versuchen sie, irgendwie dennoch zu überleben. Neben den tatsächlichen meist jahrelangen Gewalterlebnissen bedeutet dieses Alleingelassen- und Auf-sich-selbst-gestellt-sein eine weitere extreme Überforderung und somit extremen Stress für das Kind. Eigentlich bräuchte es in seinem unausgereiften Zustand Förderung, Unterstützung, vertrauensvolle Nähe, Zuwendung, etc., um sich all die Fähigkeiten aneignen zu können, die es für eine erfolgreiche Bewältigung des Lebens benötigt. Dieses „Grundhandwerkszeug“ zum Erwachsenwerden und Erwachsensein wird dem kindlichen Opfer sexualisierter Gewalt verweigert.

Mickrige Entschädigungsangebote verhöhnen die Opfer

Manche kommen mit dem extremen Stress ihrer Kindheit nicht zurecht und begehen Suizid. Selten wird erlebte sexualisierte Gewalt als Motiv in Betracht gezogen. Andere überleben zwar scheinbar, betäuben sich aber mit Drogen, Alkohol oder anderen Betäubungsmöglichkeiten (exzessives Verhalten beispielsweise im Sport, bei der Arbeit, beim Autofahren, etc.). Wieder andere begehen Suizid auf Raten, indem sie magersüchtig werden, sich ritzen oder wahllos ungeschützte Sexualkontakte haben. Gerade in diesem selbstschädigenden Verhalten versteckt sich viel Selbstverachtung (die daher rührt, dass das Selbst dafür gehasst wird, dass ihm diese Übergriffe zugestoßen sind und es dabei unterlegen ist). Die meisten Betroffenen können niemals mehr einer anderen Person wirklich vertrauen und sie haben daher häufig Probleme mit anderen Menschen und mit Beziehungen. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf (nicht) mögliche Lebenspartnerschaften, sondern auch auf den Beruf.

Je älter Betroffene werden, desto deutlicher zeigt sich die Tatsache des „mangelhaften Grundwerkzeugs“ aus der traumatischen, alleingelassenen Kindheit. Die extreme Überforderung und der extreme Stress, dem Betroffene mit der Bewältigung ihrer hoffnungslosen, bedrohlichen und isolierten Lebenssituation bereits als Kinder ausgesetzt sind, setzen sich auch im Erwachsenenleben fort. Denn noch immer werden ihre traumatischen Erlebnisse verdrängt, oft von ihm/ihr selbst, immer vom Kollektiv. Noch immer tobt in ihr/ihm der Überlebenskampf, leidet sie/er unter den Folgen der Gewalterlebnisse seiner/ihrer Kindheit, ohne dass die Auswirkungen auf ihre/seine Persönlichkeit und ihr/sein Leben zur Kenntnis genommen bzw. als Traumafolgen anerkannt werden.

Die kollektive Verdrängung der sexualisierten Gewalt an Kindern bewirkt, dass erwachsene Betroffene weiter schweigen (um beispielsweise nicht erneut stigmatisiert und beschämt zu werden) und dass ihre zahlreichen körperlichen und seelischen Probleme nicht als Traumafolgen anerkannt werden. Sie erhalten zwar Diagnosen wie Depression, Angststörung, Essstörung, sie werden aufgrund der langjährigen Überforderung körperlich chronisch krank, aber niemand bringt dies mit der jahrelang erlebten sexualisierten Gewalt in Verbindung. Manche scheitern schon früh im Berufsleben, weil sie zusätzlich zu ihrem täglichen inneren Überlebenskampf keinen weiteren Stress ertragen können. Nicht wenige landen aufgrund der traumatisierenden Kindheitserlebnisse und dem Alleingelassensein in den sozialen Hilfesystemen, wofür sie sich oft – weil niemand nach den wahren Ursachen forscht – erneut beschämen und stigmatisieren lassen müssen. Das traumatische Gift der Kindheit setzt sich ins Erwachsenenleben fort – egal, wie sehr sich die Betroffenen daraus zu lösen versuchen.

Wie viel ist ein Menschenleben wert? Im Grunde – und so argumentieren auch viele Betroffene – ist ein Menschenleben überhaupt nicht bezahlbar. Niemand kann in Euro und Cent definieren, was ein Menschenleben wert ist. Und keine Summe der Welt könnte diese massiven Zerstörungen und diese totale Verweigerung dessen, worauf ein Kind alles Recht der Welt hat, wieder gut machen.

Wer aber mit diesen Argumenten Entschädigungszahlungen verweigert, handelt blasphemisch, das heißt, er verhöhnt die Betroffenen und verleugnet die Beschädigung eines ganzen Menschenlebens. Wer angesichts der lebensumfassenden Folgen (häufig – wie aus der Traumafolgenforschung mit Kriegsteilnehmern, KZ-Überlebenden, usw. bekannt – sogar auf die Folgegenerationen) Summen vorschlägt, die der Dimension des Leids konträr gegenüberstehen, ebenso.

Es kann nach all den traumatischen Erfahrungen, die Betroffene bereits als Kind erfahren und durchleben mussten, nach all den daraus folgenden Konsequenzen für das gesamte weitere Leben der Betroffenen (und eventuell ihrer Angehörigen und Kinder) nicht sein, dass der Zahlungswille und/oder die Zahlungsfähigkeit der Täter zum Maßstab für Entschädigungszahlungen an die Traumaopfer gemacht wird.

Anerkennung und Entschädigung stellt Rechtsstaatlichkeit wieder her

Betroffene, die jahrelange sexualisierte Gewalt in der Kindheit überlebt haben, sind Betroffene von schweren Menschenrechtsverletzungen, die in der überwiegenden Zahl der Fälle ungesühnt bleiben. Dass eine Gesellschaft, die sich „aufgeklärt“ und „modern“ nennt und als Rechtsstaat versteht, nicht in der Lage ist, den massiven und jahrelangen Rechtsbruch an unschuldigen Kindern zu sühnen, ist eigentlich unfassbar. Für Betroffene stellen diese fehlende Gerechtigkeit und der erkennbar mangelnde Wille, den rechtsstaatlichen Prinzipien nachzukommen, eine schwere seelische Bürde dar.

Betroffene mussten bereits als Kind erleben, dass sie in dieser Gesellschaft massiven Gefahren ausgesetzt sind, Unrecht erleiden müssen und vor Machtmissbrauch nicht geschützt sind. Solange die Gesellschaft sich weigert, die Rechtsordnung her-, bzw. wiederherzustellen, verhindert sie die Reintegration der Betroffenen von sexualisierter Gewalt in eben diese Gesellschaft, und trägt somit weiterhin zu deren Ausgrenzung, Isolation und Leid bei.

Wenn diese Gesellschaft tatsächlich eine rechtsstaatliche sein soll, dann muss sie dafür Sorge tragen, dass die schweren und zumeist lebenslänglichen Folgen von sexualisierter Gewalt in der Kindheit als solche anerkannt werden. Sie muss dafür Sorge tragen, dass die Betroffenen nicht weiterhin schwer an diesen Folgen zu tragen haben, wenn sie schon die Gewalterfahrungen an sich nicht mehr auslöschen kann.

Dies meint übrigens mehr als Psychotherapie, zumal bis heute sehr wenige Therapieverfahren im Falle solch komplexer und langanhaltender Gewalterfahrungen wirklich als nachhaltig erfolgversprechend verifiziert werden konnten. Viel zu lange hat auch die Psychologie das Thema sexualisierte Gewalt an Kindern verdrängt, verleugnet und missachtet, so dass erst heute langsam erste Erfahrungen mit therapeutischen Verfahren gemacht werden, deren Nachhaltigkeit noch abzuwarten bleibt.

Nein, dies meint ganz konkret auch finanzielle Unterstützung: Es müssen Einkommenseinbußen durch frühe Erwerbsunfähigkeit bzw. bereits verminderte Erwerbsfähigkeit von Anfang an (mit entsprechenden Konsequenzen auf mögliche Rentenleistungen) ausgeglichen werden. Es müssen vermehrte Kosten für chronische Erkrankungen und/oder zusätzlich aufgrund der Folgen erforderliche Hilfs- oder Dienstleistungen ausgeglichen werden. Rechtsstaatlichkeit bedeutet nämlich auch, dass die Kosten für die Folgen nicht weiterhin (wie bisher) klammheimlich den öffentlichen Sozialsystemen (Krankenversicherung, Rentenversicherung, Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe) untergeschoben werden dürfen. Wieso sollen alle Steuerzahler/innen, bzw. alle Versicherungsmitglieder für die Straftaten Einzelner aufkommen?

Und es muss in irgendeiner – auch finanzieller – Form von der Gesellschaft/dem Rechtsstaat ein deutliches Signal an die Betroffenen gesendet werden, dass ihr Leid und die lebenslänglichen Folgen ihrer traumatischen Kindheit gesehen und anerkannt werden. Es braucht – auch in finanzieller – Form ein deutliches Signal der Gesellschaft/des Rechtsstaats, dass anerkannt wird, dass jahrelange kollektive Verleugnung von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und jahrelange staatliche/gesellschaftliche Untätigkeit bzw. Hilfeunterlassung zur Schwere des Leids der Betroffenen beigetragen haben. Diese Gesellschaft, dieser Rechtsstaat haben gegenüber den betroffenen Kindern, bzw. heute erwachsenen Betroffenen schwer versagt und diesem Versagen muss heute ein Zeichen der Reue und der Wiedergutmachung folgen.

Selbstverständlich entlässt dies nicht die wahren Täter aus ihrer – auch finanziellen – Verantwortung. Aber aufgrund der derzeit geltenden Verjährungsfristen können sich die meisten Täter dieser Verantwortung entziehen. Die meisten von ihnen sehen zudem – teilweise im guten Gefühl der gemeinschaftlichen Solidarität – überhaupt keine Veranlassung, Verantwortung zu empfinden bzw. zu übernehmen. Bislang hat sich niemand daran gestört, dass sie die Kosten für ihre egoistischen Gewaltangriffe auf Schwächere der ganzen Gesellschaft aufgehalst haben. Und bis heute stört sich niemand daran, dass beispielsweise die katholische Kirche nach den bekannt gewordenen Sexualstraftaten gegen Kinder in ihren Reihen zur „Entschädigung“ angeboten hat, finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, sofern die von den Krankenkassen bezahlte Therapie nicht ausreicht. Hier werden Straftaten sozialisiert und die Gesellschaft, der Rechtsstaat schaut dabei zu.

Wie viel ist ein Menschenleben wert? Vielleicht ist die Frage falsch gestellt. Denn eigentlich müsste sie lauten: Wie viel ist es der Gesellschaft wert, ihre rechtsstaatliche Ordnung sicherzustellen, bzw. wiederherzustellen? Das heißt: Entschädigung der Opfer sexualisierter Gewalt ist kein barmherziges Almosen für ein paar arme Tröpfe. Die Entschädigung der Opfer stellt überhaupt erst wieder eine Rechtsstaatlichkeit her, die von den Tätern seit Jahrzehnten mit Füßen getreten wird und um die sich auch die Gesellschaft/der Rechtsstaat seit Jahrzehnten nicht gekümmert hat.

Solange die Opfer geschwiegen haben, musste das von niemandem zur Kenntnis genommen werden. Nun schweigen sie nicht mehr und decken damit etwas auf, was eine ganze Gesellschaft lange verdrängen konnte: Dass unser „Rechtsstaat“ eigentlich eine Farce ist, und dass es Straftaten gibt, mit denen man(n) in der Regel durchkommt, ohne weitere Unannehmlichkeiten fürchten zu müssen. Dass diese Aufdeckung und die Konsequenz daraus nicht jedem schmeckt, ist nachvollziehbar.

Dass sich außer den Betroffenen an dieser Aufdeckung und der Wiederherstellung der Rechtsstaatlichkeit unter anderem durch Entschädigungs- und Unterstützungsleistungen (auch finanzielle) nach wie vor so wenige beteiligen, sagt viel über die Auffassung von Rechtsstaatlichkeit und den tatsächlichen „Wiedergutmachungswillen“ der beteiligten Institutionen, der Gesellschaft und des Staates aus. Die Höhe der bislang angebotenen Entschädigungs- und Unterstützungsleistungen ebenso.

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