Deutsche Kinderhilfe e.V.

(Verbandspresse, 08.02.2011 10:11)

(Berlin) – Zum heutigen (8. Februar 2011) „Tag der Sicherheit im Internet“ fordert die Deutsche Kinderhilfe stärkere Maßnahmen gegen die Pädokriminalität im Internet. Trotz anderslautender Erfolgsmeldungen der Internetindustrie, die vor einigen Tagen Löschungsquoten von 99,4 Prozent bei Seiten mit illegalen Inhalten behauptete, spricht die praktische Erfahrung der polizeilichen Sonderermittler eine ganz andere Sprache:

„Spezialisten des BKA haben uns bestätigt, dass der Verband der Internetindustrie, eco, bei seinen Angaben nicht zwischen deutschen und den aus polizeilicher Sicht einzig problematischen ausländischen Seiten differenziere und nicht klar Auskunft gebe, wie schnell die Seiten aus dem Netz verschwänden. Man wisse, dass gerade Kriminelle im schnelllebigen Internet die Adressen einfach wechseln und einschlägige Kunden aus Verfolgungsdruck die Seiten in den ersten drei bis fünf Tagen abrufen“, so Rolf Stöckel, Vorstandsprecher der Deutschen Kinderhilfe gestern (7. Februar 2011) in Berlin. „Einen echten Erfolg des Löschens kann man nur erkennen, wenn es gelingt, alle gemeldeten und festgestellten Seiten innerhalb von längstens zwei Tagen vom Netz zu bekommen. Auch nach den Vorschriften des Zugangserschwerungsgesetzes, würde es bis zu zwei Tagen dauern, bis die Sperrung umgesetzt sei.“

Das vorerst im Bundesrat gescheiterte Zugangserschwerungsgesetz war der erste Schritt der Politik, etwas auf diesem Gebiet zu tun. „Es sagt jedoch alles, wenn der Bundestagspräsident Lammert der Regierung jetzt Untätigkeit und sogar Verfassungsbruch vorwirft, weil der Bundesinnenminister gegen den Beschluss des Bundestages die Behörden angewiesen hat, Internetsperren nicht anzuwenden“, beklagt Rolf Stöckel. „Ohne mehr Schwerpunktabteilungen, ohne bessere internationale Zusammenarbeit, ohne eine Verschärfung des Strafgesetzbuches, welches das Herunterladen von Hollywoodfilmen mit drei und das von „Kinderpornographie“ dagegen nur mit zwei Jahren Haft ahndet, wird es keine nennenswerten Veränderungen geben. Es ist auch nicht hinnehmbar, dass sich immer mehr Pädokriminelle über sogenannte social networks an Kinder heranmachen und es so vermehrt zu Verführung, sexuellem Missbrauch und Vergewaltigungen von Minderjährigen kommt.“

Die Deutsche Kinderhilfe fordert deshalb neben der Aufwertung der Medienpädagogik und einer flächendeckenden Internet-Aufrüstung der deutschen Schulen auch die Stärkung der Internetkompetenz der Eltern und deren Wahrnehmung ihrer Sorge- und Erziehungspflichten. „Wenn wir die positiven Seiten des Internet als Informations-, Kommunikations- und Freiheitsinstrument nutzen wollen, dürfen wir die Augen vor dem Missbrauch und neuen Formen menschenverachtender Kriminalität nicht verschließen. Das gilt besonders, wenn es um den Schutz und die Rechte der Kinder geht. Wenn Filter-Software und Sperrungen keine Lösungen sind, ist gerade die Internetindustrie gefordert, bessere Lösungen zu finden und alles dafür zu tun, Kinder zu schützen und sie für den sicheren Umgang mit dem Internet stark zu machen!“ schlussfolgert Rolf Stöckel.

Deshalb bleiben die folgenden Forderungen der Deutschen Kinderhilfe auf der Tagesordnung:

1. Aufdeckung, Sperrung und Löschung von Internetseiten mit pädokriminellen Inhalt durch Nutzung der Beschwerdestellen von „INHOPE“ und eine bessere Einbeziehung der User.

2. Einrichtung eines Runden Tisches mit Vertretern der Internetindustrie, Experten, Internetbeschwerdestellen, Opferschutzverbänden, Polizeibehörden und den Initiatoren der Online-Petition gegen das Zugangserschwernisgesetz, um die besten, effektivsten und aktuellsten technischen Sperrmöglichkeiten zu erarbeiten und wirksamere Sperrmöglichkeiten rechtlich zu verankern.

3. Einrichtung weiterer hoch qualifizierter Sonderermittlungsstellen in den Ländern.

4. Deutliche Personalaufstockung der Schwerpunktabteilungen „Sexueller Missbrauch von Kindern“.

5. Konsequentes Vorgehen gegen Betreiber einschlägiger Server und unverzügliche Sperrung bekannter Server.

6. Konsequentes Vorgehen gegen die Nutzer pädokrimineller Angebote im Netz durch eine Reform des Strafrechts: Eine Erhöhung auf fünf Jahre (das gleiche Strafmaß gilt für Diebstahl) für die zahlenden Täter hinter den Tätern ist angemessen.

7. Enge internationale Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden und Schaffung europaweiter einheitlicher Standards.

8. Schaffung einer internationalen schwarzen Liste, auf der Länder vermerkt werden, die sich weigern, gegen Server mit pädokriminellen Inhalten vorzugehen und/oder die Zusammenarbeit mit deutschen Strafverfolgungsbehörden ablehnen. Ächtung und Isolierung dieser Länder bis hin zur Verhängung von Wirtschaftssanktionen.

9. Sexualdelikte an Kindern in Deutschland werden im Gegensatz zu Raub oder Drogenhandel nur als Vergehen geahndet. Diese Delikte, die Opfer ihr Leben lang traumatisieren, müssen als Verbrechen geächtet und geahndet werden.

10. Verbesserung des Opferschutzes durch die Aufhebung der Verjährungsfristen.

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