von Amus Ruth 21.03.2011 (als PDF herunterladen)

Die deutsche Bischofskonferenz der katholischen Kirche und  die Ordensoberenkonferenz der Orden eben dieser Kirche haben mit Datum vom 02.03.2011 die „die materiellen Leistungen der katholischen Kirche in Anerkennung des Leids geregelt“, wie auf der Internetseite der DBK mit stolzgeschwellter Brust und dem direkt ablesbaren Anspruch auf Bewunderung und ehrfürchtige Beweihräucherung dieser Leistung verkündet wird. Die Regelungen sind konkret gegossen in zwei Texte, mit den Titeln „Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde“ (im Folgenden als `Richtlinie´ bezeichnet) und „Merkblatt auf materielle Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde“ (im Folgenden als `Merkblatt´ bezeichnet). Der zweite Text bezieht sich auf den „Antrag auf Leistungen in Anerkennung des Leids, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde“ (im Folgenden `Antrag´) und ist als Erläuterung der im Antrag formulierten Abfragen zu verstehen.

Die Texte bedürfen der Analyse, die im Folgenden zumindest im Ansatz und keineswegs mit dem Anspruch auf Vollständigkeit geleistet werden soll. Der folgende Text ist in keinem Falle als juristische Beratung zu verstehen – ich bin kein Jurist -, alle Aussagen müssten daher im Konjunktiv formuliert werden, als sie unter dem Vorbehalt der juristischen Beratung im Einzelfall gestellt werden müssen.  Dennoch greife ich auf den Indikativ zurück, einmal aus Gründen der Lesbarkeit, zum anderen eben deshalb, weil es hier nicht um juristische Beratung geht, sondern um die Nutzung der Freiheit des Wortes, die unser Staat immer noch garantiert. Wenn die Folgenden Überlegungen dazu führen, dass potentielle Antragsteller sich vor Antragstellung tatsächlich sehr intensiv juristisch beraten lassen, so habe ich gegen ein solches Ergebnis überhaupt nichts einzuwenden – im Gegenteil.

Formales

Richtlinien und Merkblatt unterscheiden sich in einigen Punkten.

Zum Ersten ist der Abschnitt A. der Richtlinien gegenüber dem Merkblatt um einen Absatz erweitert. Dieser Absatz enthält die Empfehlung an die kirchlichen Körperschaften, in noch nicht verjährten Fällen eine Vergleichslösung mit den Opfern zu suchen. Begründet wird dieses mit dem Hinweis auf die Schonung eben dieser Opfer, denen ein langjähriger Rechtsweg nicht zugemutet werden soll. Hier wird offenbar aus der Sicht der Opfer argumentiert, denen mittels der Vergleichsverhandlungen geholfen werden soll. Fakt aber ist, dass die kirchliche Körperschaft in den empfohlenen Vergleichsverhandlungen Gegner des Opfers ist und auch nach dieser Richtlinie bleibt. Soll also dem Opfer geholfen werden und das Opfer nicht auf einen langwierigen Instanzenweg gezwungen werden, so liegt dieses Anliegen auch ohne Richtlinie und Merkblatt schon jetzt allein in der Hand der kirchlichen Körperschaft, dieses zu verhindern, nämlich indem sie das Opfer ohne großes Wenn und Aber entschädigt. Wenn die DBK eine solche Entschädigung jedoch erst verhandeln will, so zwingt sie das Opfer in die Position des (unterlegenen) Verhandlungspartners, also in die Position, die Kirche doch dem Opfer ersparen wollte, eine Position zudem, die das Opfer bei dem Missbrauch selbst schon bitter erfahren hat. Der so aufgebaute psychische Druck wird noch dadurch erhöht, dass dem Opfer mittels des in den Richtlinien eingefügten Absatzes die Alternative deutlich gemacht wird: `wenn du einer Vergleichslösung nicht zustimmst, bleibt dir nur die Alternative des langwierigen Instanzenweges´. Nur um dieser Botschaft willen macht der Absatz in den Richtlinien überhaupt Sinn. Erscheint es auf den ersten Blick so, als ob die DBK durch die Preisgabe eines wesentliches Teiles der Verhandlungsstrategie und sich so freiwillig und ohne Not selbst schwächt, zeigt ein zweites Hinsehen dieses Preisgeben als durchaus geschicktes verhandlungsstrategisches Manöver; und genau das ist die Preisgabe des Internums hier, fungiert das Internum doch nicht als Hilfe für die Opfer, sondern als  verhüllte, unterschwellige aber genau deswegen vermutlich sehr wirksame Einschüchterung.

Ein zweiter Unterschied findet sich im Abschnitt B. Dort wird in den Richtlinien ein Absatz I eingefügt, der sich mit dem Präventionsfonds befasst, der sich im Merkblatt nicht findet.

Eine dritte Differenz findet sich im Abschnitt C.VI.. Dieser ist im Merkblatt um den Absatz 2 verkürzt, der in den Richtlinien den Hinweis auf Hilfestellung der kirchlichen Behörden zur Beantragung der Entschädigungsleistungen hinweist.

Inhaltliches

Keiner der drei Texte enthält einen Hinweis auf eine Rechtsgrundlage. Es wird nicht Bezug genommen auf das BGB oder andere staatliche Gesetze noch wird Bezug genommen auf den CIC. Damit entfalten weder Richtlinie noch Merkblatt noch Antrag eine rechtliche Bindungswirkung, solange sie als solche vorhanden sind – es sind rechtlich unbedeutende Papiere, formal als Antrag formuliert, dem die entsprechenden Erläuterungen beigefügt sind und für den die Richtlinie als Rechtsgrundlage zu fungieren scheint. Tatsächlich aber ist der Antrag ein Vertragsangebot, dass zu einem für beide Seiten bindenden Vertrag wird, der mit dem Eingang des unterschriebenen Formulars bei der kirchlichen Behörde seine Bindewirkung entfaltet. Der Antrag, respektive Vertrag, sieht keinerlei Rücktrittsrecht vor noch ist die Möglichkeit der  Rücknahme des Antrages vorgesehen. Ein Rücktrittsrecht gibt es auch nicht für den Fall, dass das das Angebot annehmende Missbrauchsopfer mit der Entscheidung der kirchlichen Behörde über Höhe und Form der Entschädigung nicht einverstanden ist; es gibt keine Vorbehalts- oder Annahmeklausel, die dem Antragsteller die Annahme oder Ablehnung der Entscheidung der kirchlichen Behörden belässt. Wie aber die kirchliche Behörde entscheidet, weiß das antragstellende, d.h. vertragsschließende Opfer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht.

Das Antragsformular bestimmt genau die Rechte der kirchlichen Behörden einerseits, aber auch die Pflichten des Antragstellers andererseits. Es bestimmt auch die Pflichten der kirchlichen Behörden dort relativ genau, wo es um den Verfahrensweg geht, den diese einzuhalten hat. Allerdings gibt es keinerlei Bestimmung darüber, nach welchen Kriterien die Entscheidungsträger zu entscheiden haben noch wird klar, wer überhaupt als Entscheidungsträger fungiert. Eine Überprüfung der Entscheidung anhand klar und vorab formulierter und bekannter Kriterien und deren relativer Gewichtung ist nicht möglich, allerdings innerhalb der vorgestellten Vertragsform auch nicht erforderlich, ist der Antragsteller doch mit Unterschrift und Einreichung des Antrages ohnehin verbindlich auf die Entscheidung der kirchlichen Behörde verpflichtet und an diese gebunden.

Was aber sichert der Vertrag dem Vertragspartner `Antragsteller ´ zu? Die Leistungen der kirchlichen Behörde sind in Abschnitt B. beschrieben und sind in drei Gruppen aufgeteilt: a. psychologischer Bereich, b. Entschädigungsbereich, c. Härtefälle.

In Absatz B.I.1. werden die psychologischen Leistungen pauschal als freiwillige Leistung qualifiziert. Sie erhalten durch den Vertragsabschluss eben nicht einen verpflichtenden Status, sondern sie werden durch den Vertragsabschluss vom Vertragspartner der anbietenden kirchlichen Behörde erst ausdrücklich als `freiwillige Leistung´ dieser Behörde anerkannt, auf einen Rechtsanspruch wird insoweit verzichtet und zwar endgültig, als der  Vertrag keinerlei Ausstiegsklausel oder Widerspruchsrecht enthält. Andererseits wird aber auch dort auf jeden Rechtsanspruch verzichtet, wo er tatsächlich noch besteht oder aus bisherigen Schriftwechseln des Antragstellers mit der Kirche ableitbar gewesen wäre, wo also dem Opfer von Seiten der kirchlichen Behörde eine psychologische Behandlung angeboten worden ist.

Beansprucht der Antragsteller psychologische Hilfe, so hat er gemäß C.II.3. die `notwendigen Unterlagen nach B.I.  vorzulegen´. Als vorzulegende Unterlagen benennt B.I. einen Behandlungsplan, der der Gebührenordnung für Psychotherapeuten entsprechen muss. Allerdings wird das Angebot auf verhaltenstherapeutische Behandlungen eingeschränkt, also auf eine Behandlungsform, die der psychologischen Situation eines Opfers sexueller Misshandlung kaum gerecht wird, sehr wohl aber dem Erfordernis der kirchlichen Behörde, wenn diese das Problem im `falschen Verhalten´ des Opfers sieht, nicht aber im Missbrauchsgeschehen. Von hier aus macht auch die Forderung nach einer Approbation (bei wem? Bei der Kirchenbehörde!) Sinn, kann doch so gesichert werden, dass der Opfer im Sinne der Kirchenbehörde gebessert wird; Heilung ist `Besserung´, Besserung selbst ist gemäß Kirchenrecht aber immer die Anleitung zum Gehorsam. Weiterhin ist vorzulegen ein Ablehnungsbescheid der Krankenkasse für die Kostenübernahme, denn nur so kann der Bestimmung entsprochen werden, dass geklärt sein muss, dass die Krankenkasse die Kosten nicht übernimmt. Weiter wird bestimmt, dass nachgewiesen werden muss, dass auch kein anderer Kostenträger die Kosten freiwillig übernimmt oder zu übernehmen verpflichtet ist. Hier droht ein regressus infinitum zu Lasten des Antragstellers, denn die kirchliche Behörde als Antragsteller kann – mit jedem Recht – jederzeit darauf verweisen, dass nicht alle in Fragen kommenden Kostenträger vom Antragsteller angefragt worden sind – und somit die kirchliche Behörde nicht in der Verpflichtung steht, überhaupt die freiwillige Leistung in Betracht ziehen zu müssen. Das Missbrauchsopfer in seiner Funktion als Antragsteller und Vertragspartner gerät in eine Lage, Unmögliches leisten zu müssen: Er muss von allen theoretisch denkbaren Trägern von Leistungen die Bestätigung der Leistungsverweigerung vorweisen.

Andererseits ist zu betrachten, unter welchen Umständen die Krankenkassen den Antrag auf eine psychologische Behandlung überhaupt ablehnen können: Ein Antrag kann abgelehnt werden, wenn innerhalb der zwei Jahre vor dem Antrag eine psychologische Behandlung stattgefunden hat. Ein Antrag kann teilweise abgelehnt werden, wenn zum ersten der Behandlungsplan mehr als 50 Sitzungen vorsieht und / oder wenn ein höherer Kostensatz als nach GOP verlangt wird. Die genannten Einschränkungen übernimmt die kirchliche Behörde, so dass sie nicht in Gefahr gerät, überhaupt Kosten übernehmen zu müssen. Droht also nur Gefahr vom ersten Grund her. Wie kirchliche Behörden hier zu verfahren gedenken, darauf gibt die Bestimmung C.III.3. einen Hinweis: Während alle anderen Ansprüche zumindest von einer zentralen Koordinierungsstelle vorgeprüft werden, so ist für die Entscheidung über die Gewährung der Leistung `verhaltenstherapeutische Behandlung´ diese Vorprüfung nicht vorgesehen; die kirchliche Behörde entscheidet „unmittelbar und selbstständig“. Eine psychologische Fachkenntnis in dieser Behörde wird entweder vorausgesetzt – dann aber macht die Vorprüfung keinen Sinn – oder aber schlicht für nicht erforderlich befunden: Wenn die Krankenkasse nicht zahlt, zahlt Kirche auch nicht.

Der Abschnitt B.I.2. enthält auch eine Bestimmung zum Zahlungsmodus. Danach hat der Behandelte, d.h. das Opfer in Vorleistung zu gehen; ihm werden die ausgelegten Summen erstattet. Allerdings wird nicht bestimmt, innerhalb welchen Zeitraumes die Kosten erstattet werden, ob die kirchliche Behörde Einspruchsmöglichkeiten gegen Rechnungen hat und wie diese zu behandeln sind, wie auch mit einfacher Nichtzahlung durch die kirchliche Behörde umzugehen ist. Aber dieses Thema erscheint in der Tat dann bar jeder Wichtigkeit, wenn eine Zahlungsnotwendigkeit ohnehin ausgeschlossen ist.

Bleibt eine nähere Betrachtung des Absatzes B.II. vorzunehmen. Dort sichert die kirchliche Behörde eine Zahlung an jedes Opfer sexuellen Missbrauchs zu. Es ist erstaunlich, dass diese Zusage allgemeinen Charakter hat; sie ist nicht eingeschränkt auf die Personen, die Missbrauch in einem wie immer gearteten katholisch-kirchlichen Rahmen erfahren haben. Auch der Absatz A, der hier zur Absicherung betrachtet werden muss, enthält eine solche Einschränkung nicht. So heißt es dort, dass die Kirche „ zur Heilung der Folgen sexuellen Missbrauchs beizutragen“ wünscht. Weiter heißt es, dass „die Bischöfe und Ordensoberen […] das Leid der Opfer sehen und das Unrecht der Täter verurteilen“, um weiter unten fortzufahren, „Die katholische Kirche will den Opfern mit Empathie begegnen[…]. Wenn eine Einschränkung des berechtigten Personenkreises fehlt, steht der Vertragsabschluss mit der kirchlichen Behörde ohne Einschränkungen jeder Person  offen, solange die Vertragsschließende Person sexuellen Missbrauch erfahren hat. Damit geht die kirchliche Behörde ein unkalkulierbares Risiko ein, kann sie die Zahl der Antragsteller, ihrer potentiellen Vertragspartner doch unmöglich überblicken – im kirchlichen Jargon würde es sicher so ausgedrückt: Nächstenliebe in extremer Form. Tatsächlich ist dieses Risiko aber mehr als überschaubar, betrifft es doch nur die Zahl der Antragsteller, nicht aber die Höhe der in summa zu erbringenden Leistungen, verpflichtet ein Antrag resp. Vertrag, der auch die kirchliche Behörde vertraglich unabdingbar bindet, diese kirchliche Behörde doch faktisch zu nichts, wie für die Leistung `psychologische Behandlung´ oben bereits gezeigt wurde. Auch im Leistungsbereich `finanzielle Entschädigung´ ist Kirche zu nichts verpflichtet, leistet sie doch nur „bis zu einem Betrag von 5.000,- €“. Diese Klausel ist aber bereits erfüllt, wenn die Kirche den Betrag – 0,-€ – `leistet´. Theoretisch und faktisch ist nicht einmal eine negative Leistung der Kirche ausgeschlossen, d.h. jede beteiligte kirchliche Behörde kann eine Forderung gegen ihren Vertragspartner, den Antragsteller, erheben, beispielsweise in Form einer Bearbeitungsgebühr. Eine Begründungspflicht von Seiten der Kirche für die Höhe der Zahlung gibt es so wenig wie eine Widerspruchsrecht gegen die Höhe der Zahlung von Seiten des Vertragspartners `Antragsteller´. Allein die Offenheit des Vertragsangebotes gibt zu allerhöchstem Misstrauen jeden Anlass.

Es bleibt zu ermitteln, welche Leistung der Antragsteller mit der Antragstellung, d.h. mit Vertragsschluss erbringt.

Das ist zum ersten der Absatz C.II.1. einschlägig: „Der Antrag ist schriftlich unter Verwendung des hierfür vorgesehenen Antragsformulars zu stellen“. Dieser Passus ist eine Tautologie insofern, als natürlich der mit dem Antragsformular abzuschließende Vertrag mittels des Vertragsformulars abgeschlossen werden kann. Insofern geht auch die Eindruck schindende imperative Form der Bestimmung vollständig ins Leere.  Die Tautologie besagt genau das: Der abzuschließende Vertrag kann nur abgeschlossen werden, wenn der abzuschließende Vertrag abgeschlossen wird – er besagt nichts mehr. Die Bestimmung schließt keineswegs eine Einforderung der öffentlich, vielleicht sogar im Rahmen eines individuellen Schriftwechsels zugesagten Kostenübernahme von psychologischen oder traumatologischen Betreuungen auf einem anderen Wege aus. Sie schließt auch nicht aus die Einforderung finanzieller Entschädigungen oder sonstiger Leistungen auf einem anderen, wie auch immer geartetem Wege aus, auch wenn durch den verwendeten Imperativ eben dieser Ausschluss suggeriert wird. Die Klausel in C.II.1. bindet rechtlich niemanden; erst die Beugung unter die Klausel, vollzogen durch Unterschrift und Eingabe bei der Kirchenbehörde, entfaltet Bindungswirkung. Die Wirkung der Klausel wird hier als der Klausel bereits vorausgehend formuliert, ohne vorlaufende Wirkung entfalten könnte. Die Klausel stellt einen Hinterhalt auf, in den hineinzulaufen sehr leicht möglich ist. Noch einmal und in aller möglichen Klarheit: In diesem Imperativ steckt der eigentliche Fallstrick. Wer sich dem Imperativ beugt und unterschreibt, kapituliert bedingungslos. Er gewinnt nicht, er verliert alles. Diese Situation ähnelt frappant der Missbrauchssituation, hier gilt: „Schweige, und dir wird nichts geschehen“, während dort gilt: „Unterschreibe, und du wirst alles erhalten“.

Hinzuweisen ist hier noch auf den Punkt VI. des Antragsformulars, der „Versicherung an Eides statt“. Der Antragsteller erklärt an Eides statt, seine Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht zu haben. Gleichzeitig wird ihm erklärt, „dass wahrheitswidrige Angaben strafrechtlich verfolgt werden können“, eine Belehrung, die er mit seiner Unterschrift zur Kenntnis nimmt und somit anerkennt. Dabei wird die differierende Kategorialität der Angaben verschwiegen, gleichzeitig aber genutzt. Es ist Eines, „nach bestem Wissen und Gewissen“ Angaben zu machen, es ist ein Anderes, wahrheitsentsprechende Angaben zu machen. Konkret können nach bestem Wissen und Gewissen, also subjektiv richtige Angaben objektiv durchaus falsch, d.h. unwahr sein. Wenn in Punkt II.2. nach dem Tatort gefragt wird, so mag eine Ortsangabe subjektiv durchaus richtig sein, dennoch objektiv falsch. Verschärft wird diese Unsicherheit noch durch die Abfrage des Zeitpunktes von Taten in II.3. Wer kann sich noch genau an das Datum, gar Uhrzeit von Geschehnissen erinnern? Es bleibt jedoch im Ermessen der kirchlichen Behörden, den Grad der Exaktheit der Angaben zu bestimmen und entsprechende Angaben einzufordern. Werden diese von Seiten des Vertragspartners notwendig vage gehalten, so kann mit dem Argument der Ungenauigkeit die Unbeweisbarkeit des Geschehens behauptet werden, werden jedoch sehr genau Zeit und Ort angegeben, ohne einen Beleg für diese Angaben zu haben, so ist es der kirchlichen Behörde wahrscheinlich ein Leichtes, mittels tatsächlichem oder fingiertem Terminkalender die Unmöglichkeit der Anwesenheit des (kirchlichen) Täters zur angegebenen Zeit am angegebenen Ort `nachzuweisen´. In jedem Fall steht der Antragsteller im unvermeidlichen Risiko des Nachweises der Unwahrheit, damit der Straffälligkeit, damit letztlich auch der Erpressbarkeit, für die sich das Schema `Kirche verzichtet auf Anzeige, Opfer verzichtet auf Ansprüche´ abzeichnet.