Rede der Bundeskanzlerin zum `Missbrauchsgesetz´
Kommentar von Amos Ruth 27.03.2011
Nun ist also alles geregelt. Die Missbrauchten wurden angehört, die Kirchen kriechen mit stolzgeschwellter Brust demütig zu Kreuze und wollen Entschädigungen und die psychologischen Behandlungen, der Staat kommt seiner Vorsorgepflicht nach und sorgt für die Prävention. Die Kanzlerin hat jetzt das Wort zum Abschluss der Affäre gesprochen. Ende gut, alles gut!
Gleichzeitig glaube ich eine tiefe Resignation in vielen Kommentaren zu spüren. Immer wieder finde ich das Verhalten von Staats- und Kirchenvertretern beklagt, die Ungerechtigkeiten, das Auseinanderfallen von Sprache und Tat, die in ihrer Heuchelei scheinbar oder tatsächlich als genauso katastrophal empfunden werden wie das eigentliche Geschehen. Das Unbehagen wird ausgedrückt in einem Kommentar – und sofort zieht sich der Kommentator, die Kommentatorin wieder in ihr Schneckenhaus zurück, angewidert von seiner / ihrer erneuten Instrumentalisierung, voller Wut über die Dreistigkeit der Lügen der berufsmäßig Wahrhaftigen, frustriert über die eigene Ohnmacht. Ende gut, alles gut?
Wir sind kleine Lichter gegen übermächtige Gegner, auch wenn wir uns zusammenfinden – aber wir sind Lichter, jede / jeder! Sind wir wirklich so ohnmächtig, wie Staat oder Kirche oder wer sonst uns mit Erfolg einredet, einhämmert geradezu wie beide in unglaublicher Eintracht der unbeteiligten Öffentlichkeit ihre neu erfundene, mit Reue über Vergangenes verbundene Gutheit in penetrant aufdringlicher Weise einhämmern? Die Quelle von Resignation, Frustration scheint mir die im Grunde und im Kern völlig fehlende Reaktion von Kirche und Staat auf all die Eingaben, Forderungen, Aussagen und Aktivitäten zu sein; daran ändert auch der jetzt vorgestellte Gesetzentwurf, auch die hehre, mit wohltemperierter Getragenheit vorgetragene Rede der unverehrten Bundeskanzlerin nichts. In der Tat hat Sie dem Anlass gemäß gesprochen. Der Anlass war eine Beerdigung, beerdigt wurde der Missbrauchsskandal und die Missbrauchten gleich mit. Die Regierung, die Kanzlerin vollendet, was Herr Bode in Osnabrück begonnen, was die Herren Diener der Gläubigen am 14.März 2011 weitergeführt haben. Und der Laichenschmaus? Er ist lange verzehrt in Form von 32 Millionen Euro an Forschungsgeldern.
Noch einmal: Sind wir wirklich so ohnmächtig wie die Toten? Sind wir also tot? Wollen wir es wirklich zulassen, uns lebendig begraben zu lassen? Sind wir tot, dann sind wir damit nicht mehr in der Lage, die Möglichkeiten des deutschen Rechtssystems zu nutzen. Dann aber wird der Gesetzentwurf und jedes gesetzgeberische Wollen, aber auch jede privatrechtliche Zusage zu einer reinen Schauveranstaltung, einzig dazu bestimmt, Mangels Adressaten nicht genutzt zu werden. Aber wenn wir leben? Dann gilt das Rechtssystem auch für uns, für mich, für Sie. Gesetzliche Bestimmungen, aber auch privatrechtliche Zusagen erhalten und behalten einen, gar viele Adressaten. Es ist an uns, die Möglichkeiten des Rechtssystems für den Einzelfall zu konkretisieren und anzuwenden – niemand wird uns diese Aufgabe abnehmen, und das völlig zu Recht. Mir scheint genau hier das Problem zu liegen: nämlich in der unausgesprochenen Erwartung, dass sich die Herren von Staat und Kirche selbst demaskieren, noch einmal! Sie werden es wohl nicht tun, aber das heißt doch nicht, dass die Demaskierung nicht möglich ist, dass ein Arbeiten daran nicht sinnvoll ist. Das deutsche Rechtssystem bietet durchaus ganz praktische Möglichkeiten, Kirche, Staat, Täter beim Wort zu nehmen – und das öffentlich und womöglich privatrechtlich Zugesagte einzufordern. Jede Versagung des Zugesagten ist dokumentierter Widerspruch und als solcher ein Erfolg , reißen sich die Herren von Kirche und Staat doch durch jede Versagung des Zugesagten selbst die Maske vom Gesicht, auf dass jedermann erkennen kann, dass die Worte, die Maske des vergangenen Jahres nichts anderes ist als die gestopften Lumpen der in den Jahrzehnte, Jahrhunderte davor getragenen Masken. Ist es nicht an der Zeit, nach dem Prozess des Sprechens, das nur Ohren, aber keine Hörer fand, nach dem Prozess des Politischen, das die Missbrauchten gestalten, nicht aber für sie und mit ihnen gestalten wollte, die ganz praktische, ganz konkrete Auseinandersetzung zu beginnen? Die Versammlung am 09.04.2011 in Scharbeutz böte Gelegenheit, hier ganz konkret zu werden.
Voltaire scheint mir die Situation sehr anschaulich beschrieben zu haben, auch wenn er sich auf einen völlig anderen Lebensbereich bezieht. Voltaire schrieb 1764 in der Einleitung zum Dictionnaire Philosphique: „Gegen 1750 machte die Nation, übersättigt mit Versen, Tragödien, Komödien, Opern, Romanen und noch romantischeren Reflexionen über die Moral und die theologischen Streitereien, über die Gnade und die Verzückungen, … sich (endlich) daran über das Getreide nachzudenken. Man vergaß selbst die Weinberge, um nur von Weizen und Roggen zu sprechen. Man schrieb nützliche Dinge über die Landwirtschaft; alle Welt las sie, mit Ausnahme der Bauern. Man stellte fest, wenn man aus der Opéra Comique kam, daß Frankreich Getreide in Hülle und Fülle zu verkaufen hätte“. Bleibt zu ergänzen: `allein die Bauern wussten, wo das Getreide war: in ihrer Hände Werk´. Oder mit Bezug auf den obigen Regenwurm: In der Regel nützt dem Regenwurm sein Winden nichts; er wird geschluckt – früher oder später.
In Anlehnung an den Artikel von Amos Ruth möchte ich vorschlagen, dass auch auf dieser Seite eine kleine Flamme eingefügt wird, wie ich das schon öfters auf anderen Seiten gesehen habe z.B. http://www.maria-ruhl.de/desm/grafik/flamme.gif
Ich bin noch nicht tot und werde kämpfen solange ich lebe, sowie die anderen hier wahrscheinlich auch. Und solange man kämpft, hat man alle Chancen der Welt.
Resignation?
Richtig erkannt. Zwar wurde bei Staat und Kirche imer wieder betont, dass es den Betroffen so wichtig gewesen sei, angehört zu werden, meiner Erfahrung nach greift diese Darstellung aber deutlich zu kurz.
Nachdem sich der Rauch der medienträchtigen Aktionen und Darstellung der Kirche und Politik in der Öffentlichkeit verzogen hat, bleibt der bittere Nachgeschmack, dass es keine Möglichkeit gibt in den Reihen der Kirche eine neutrale und umfassende Aufklärung einzufordern. Auch der Staat drückt sich davor, diesbezüglich klar Position zu beziehen.
Betroffene laufen den Bistümern und Orden wochen und monatelang wegen Antworten hinterher und das Allerschlimmste, Täter und Verantwortliche werden NICHT etwa ihrer Ämter enthoben, sondern auf Grund der Verjährung und mangelhafter Berichte in Amt und Würden hofiert, nicht zuletzt vom Missbrauchsbeauftragten der katholischen Kirche.
Mich widert diese Doppelmoral, das Messen mit zweierlei Mass nur noch an und ich habe es keinen Tag bereut aus der Kirche ausgetreten zu sein, weil ich so einer Organisation keinen Cent mehr hinterher werfe.
Für mich hat die Kirche ihre Glaubwürdigkeit verspielt, nicht, weil es Missbrauchsfälle gab, sondern wegen der institutionellen Vertuschung und dem aktuellen Umgang mit Aufklärung und Ahndung dieser Verbrechen.
Für die Öffentlichkeit sieht es so aus, als habe die Kirche so viel getan, wer Betroffener ist und Einblick in das aktuelle Geschehen hat, der weiss, dass nur die Spitze des Eisberges benannt wurde. Zwar bietet das Kirchenrecht die Möglichkeit der Ahndung dieser Verbrechen über die strafrechtliche Verjährung hinaus, aber die Kirche drückt sich vor der Anwendung dieses Instrumentariums, würde das doch heissen, das Unrecht zuzugeben…und eine grosse Summe Geld zu verlieren.
Nur einwenig offtopic-
ich bin es nicht nur meinem Kind schuldig weiterzukämpfen.Mit Vorsicht und Bedacht.Aber nach meinem Kind kommen noch mehr Kinder.Ich kann und will nicht vergessen.
Ja und Hurra wir leben noch.Und es wird besser werden.Und ich habe noch was vor.Auch wenn es meinem Kleinen akut nichts hilft.Wenn es nur einem hilft dann ist was gewonnen.
Hallo Ludmilla
Du sprichst mir aus den Herzen wir kämpfen für unsere Kinder und die zukünftigen Kinder.die sind doch alles was wir haben.Und wir müssen weiter machen bis es alle Begreifen.Aber es ist auch schön das wir schon was erreicht haben wenn es auch nicht genug ist.Also machen wir weiter ,wir werden es schaffen.
By mona
„Zwar wurde bei Staat und Kirche immer wieder betont, dass es den Betroffen so wichtig gewesen sei, angehört zu werden, meiner Erfahrung nach greift diese Darstellung aber deutlich zu kurz.“ –
Wo?
Wann?
Hab ich was verpasst?
Wurde jemand angehört, der betroffen ist, sexueller Gewalt ausgesetzt war (außer vom Therapeuten und den nächsten Menschen)?
Was haben wir über das Thema gehört und gelesen.
Wie selten von Betroffenen.
Sollte die Rede sein von den paar Menschen, die zum runden Tisch durften, aber als die kamen, fehlte dann auch die Hälfte des Personals (30 von 60)?
Zitat: „Die Quelle von Resignation, Frustration scheint mir die im Grunde und im Kern völlig fehlende Reaktion von Kirche und Staat auf all die Eingaben, Forderungen, Aussagen und Aktivitäten zu sein.“
Dem kann ich absolut zustimmen.
Aber eine weitere Quelle meiner Frustration ist die Tatsache, dass es sowohl auf öffentlicher Ebene als auch unter den Betroffenen fast ausschließlich nur noch um die Gewalttaten in den Kirchen und den Schulen geht. Man muss ich doch nur mal hier umlesen. Odenwaldschule und Katholische Kirche: Das sind die Hauptthemen und die überwiegende Zahl der Kommentare blenden die Tatsache, dass es noch eine Betroffenengruppe ganz außerhalb dieser beiden Kontexte gibt, schlicht und ergreifend aus.
Die sexualisierte Gewalt in den Familien, und die ungleich schwierigere Situation von Betroffenen von sexueller Gewalt in der Familie, die eben nicht die Möglichkeit haben, eine große Institution anzuklagen oder Zeugen zu haben, mit denen gemeinsam sich die Taten eines Täters nachweisen lassen, ist – so kommt es mir vor – auch aus den Köpfen vieler Betroffener schon lange verschwunden.
Auch das lässt mich resignieren…
Über Kirche und Schulen läßt sich einfacher schreiben.
Sonst sind es eben die extrem vielen Einzelfälle über die nur geschrieben wird, wenn es ganz „pervers“ war.
Ich meinte nicht nur die Medien. Ich meinte ausdrücklich auch die Betroffenen. Und „einfacher schreiben“ ist doch kein Argument, die größte Betroffenengruppe auszublenden. Aber genau das geschieht auf breiter Front. Dass es viel schwieriger ist, habe ich ja geschrieben.
Es belastet und resigniert Betroffene häuslicher Gewalt schon sehr, wenn der fehlende Wille zum Schutz der Kinder in der deutschen Justiz sich so eindeutig auf die Seite eines später überführten Täters stellt wie im Fall Krombach: http://www.fr-online.de/panorama/auf-kruecken-zur-anklagebank/-/1472782/8281010/-/view/asFirstTeaser/-/index.html.
Warum wird der Film für Kalinka http://www.faz.net/s/Rub510A2EDA82CA4A8482E6C38BC79C4911/Doc~E2D30EAEC6AFB41D5B9D068262C37DC1E~ATpl~Ecommon~Scontent.html und über ihren verzweifelten Vater nicht zur besten Sendezeit ins TV gebracht?
http://mediathek.daserste.de/suche/6787970_das-tote-m-dchen-vom-bodensee?clipSearchFilter=allClips&s=das%20tote%20m%C3%A4dchen%20vom%20bodensee&datumBis=&sendung=&datumVon=
Wo bleibt der Aufschrei in Deutschland dazu?
Was sagt die bayrische Justiz heute zum Fall?
Wann sieht die Justiz die Notwendigkeit zur KOMPLETTEN AUFHEBUNG DER VERJÄHRUNG sexueller Gewalttaten ein?
Das Recht der Kinder in Europa muss mit Unrecht erstritten werden?
Sehr geehrte Doro,
Sehr geehrte Kommentatoren
Sie haben völlig Recht: Es gibt keinerlei Grund, die größte Gruppe unter den Missbrauchten auszublenden. Es ist auch nicht im entferntesten meine Absicht, das zu tun. Dass ich dennoch mein Denken, mein Schreiben auf `Kirche´ausrichte und nicht auf die größte Gruppe der in der Familie Missbrauchten respektive den `familiären Tätern´, bitte ich meinen begrenzten Fähigkeiten zuzurechnen. Ich bin einfach nicht in der Lage, mich kompetent in Ihre Lage hineinzuversetzen. Es dennoch zu tun oder es auch nur zu versuchen, verbietet mir der tiefe Respekt vor Ihnen angesichts Ihrer Lebensgeschichten, in denen ich eine Härte vermute, die mir auch vor dem Hintergrund meiner Geschichte nicht vorstellbar ist.
Amos Ruth
Ich bin Opfer sexualisierter Gewalt in der Familie geworden.
Heute habe ich den zweiten Ablehnungsbescheid bekommen.
Dort steht wörtlich eine multiple Persönlichkeit bin ich nicht durch die Gewalttaten geworden.Warum bin ich eine multiple Persönlichkeit ?
Entschieden wurde das von einem Verwaltungsmitarbeiter der für die Finanzierung von Schwangerschaftsabbrüchen zuständig ist.
Im Ablehnungsbescheid steht dass der Gutachter der Auffassung ist meine Krankheiten rühren nicht von den Gewalttaten.
Seltsam ist nur,dass die Behörde sprich dieser Mitarbeiter für die Finanzierung von Schwangerschaftsabbrüchen nebst Kollegen die Ablehnung schon vor dem Gutachtertermin fertigten.
Das alles kann ich mit amtlichen Akten nachweisen,die ich jetzt noch einmal zusammen mit dem zweiten Ablehnungsbescheid auf meinem Blog veröffentliche.Wenn einer wissen möchte woran ich denke,dann sag ich das besser nicht,aber ich bin sehr verzweifelt !
nachzulesen im Blog-
http://flugbegleitung.blogspot.com
Hallo Hildegard,
danke für den Hinweis auf den Beitrag im ARD von dem Mädchen Kalinka.Es ist sehr mutig und annerkennenswert von dem Vater des missbrauchten u. getöteten Mädchens, den in Deutschland absurderweise freigesprochenen Täter nach Frankreich zu schaffen u. vor das Gericht zu bringen. Ein deutsches Gericht hat wieder einen Täter geschützt, hat ihn auf Ersuchen Frankreichs nicht ausgeliefert. Ich hoffe, die französische Justitz bringt das Verhalten deutscher Gerichte vor den EuGH .
Hallo Simone
Ich wünsche mir auch das sich was den den Deutschen Gerichten etwas änder. Damit die Richter mal lernen die Opfer zu stärken und die Täter schwächen.Nicht umgedreht das wünsche ich mir sooooooooo sehr.
By mona
Persönliches:
Ich bin nur ein sekundärer Betroffen,betroffen ist ja mein kleines Kind.Doch betroffen sind eben auch alle drumherum die das kleine Menschlein lieb haben.
Doch ich bin froh wirklich froh über diese Plattform hier in der ich schreiben kann wie es uns ging und wo ich endlich verstanden werde von Menschen die nachvollziehen können wie es einem ergeht.Die Wissen.Was um uns herum passiert-wie man nicht ernstgenommen wird von Behörden dem Staat usw.Die HANDELN-was mir in meinem betroffenen Kosmos doch gar nicht möglich ist.Wo es noch immer drum geht weiterzuleben ,die Hoffnung zu haben das Kind IRGENDWIE schützen zu können.Ich fühle mich hier nicht an den Rand gedrängt.Zum erstenmal seit dieser“Geschichte“ einmal nicht.Ich habe es schon mehrmals zum Ausdruck gebracht-gerade der Mut-das Erwachsensein,die Klarheit,die Sachlichkeit hier-die gegangenen Lebenswege die eben das erst möglich machen vermitteln MIR Hoffnung.Gerade das es hier bei den-ich nenn es jetzt so“Kirchenopfern“kein verleugnen mehr geben kann duch gegenseitiges Bezeugen holt doch mich(uns)aus der ansonsten privaten Einsamkeit heraus.
Und tatsächlich habe ich erst hier über diese Plattform wirklich mutige Mütter gesehen die nicht nach fünf Minuten das Thema ad acta legen wollen-bei allem Verständniss für diese Reaktion.
Und ich glaube mehr Zusammenhänge verstehen gelernt zu haben.
@ Sascha
Nach DER Vorgeschichte ein Ablehnungsbescheid mit DIESER Begründung – das ist eine Frechheit!
Welche Instanz überprüft eigentlich die Gutachten von Gutachtern, die je nach Situation eben nicht „gut achten“ KÖNNEN auf das, was Ursache, was Wirkung war? Es sind ja immer fehlbare Menschen, die höchst selbst eben dann über gewisse Schatten nicht springen KÖNNEN, wenn persönliches Interesse oder eigene Verletztheit ihre professionelle Fähigkeit ’sabotieren‘ – vielleicht unbeabsichtigt, unbemerkt, unbewusst …
Es müsste ein Gegengutachten angefordert werden, um ‚Befangenheit‘, ‚Betriebsblindheit‘ und dergl. auszuschließen! Das sollte – schon aus Gründen der Glaubwürdigkeit – die Behörde selbst verlangen; in Fällen mit solcher Dramatik ist der Verzicht darauf fahrlässig …
Nachweisbarkeit ist gut. Schwerer wiegt sicher diese zweifelhafte Aussage, die keiner objektiv psycho-logischen Überprüfung standhält.
Jedem Betroffenen stehe ein Opferanwalt zu, hieß es neulich. GELTENDES RECHT ausschöpfen muss jeder selbst! Nur zu! Verzweifeln gilt nicht!
Hallo Hildegard,
es lässt so einige nicht kalt und die Kommentare auf meinem Blog sind dementsprechend.Vor allem die Kommentare unter meiner zweiten Ablehnung http://flugbegleitung.blogspot.com
Das Ärzteblatt ist sehr interessant
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=32587
Ich habe einen neuen Anwalt,der auch zu meiner nächsten Lesung kommt.
Ich habe endgültig die Nase voll und mir reicht es absolut und ich habe sämtliche Akten Politikern gesendet….wir werden sehen.Euch allen vielen Dank ! Sascha
@ Sascha Danke für den Ärzteblatt-Link. Neben den gescheiten Leserbriefen zu Prof. Baier las ich die positive Meldung zum heutigen Umgang mit traumatisierten Migranten; vor 10 Jahren gab es dieses Denken noch nicht …
Wie wird es in weiteren 10 Jahren wohl mit der Verjährung sex. Gewalt aussehen?
Wenn wir in d-radio http://www.dradio.de/rss/podcast/sendungen/hintergrundpolitik/ den „Hintergrund“ hören und bedenken, wie die Bürokratie mit Überlebenden der Ghettos und KZ noch 2011 umgehen, dann werden wir noch lange zu kämpfen haben …
Hallo Sascha !
Ich würde gern erfahren, welche Reaktionen die Politiker zeigen. Wir haben uns an den Landtag in Mainz und an die Kinderkommission des Bundestages in Berlin gewandt. Der Vertreter der Kinderkommission zeigte zwar Mitleid meinen Kindern gegenüber, wirksame Hilfe bekamen wir aber nicht. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Verhalten einiger Politiker ist nur Fassade, um die Bevölkerung zu beruhigen oder sich Stimmen bei einer Wahl zu sichern. In Wirklichkeit will man garnichts ändern.
Hallo,Simone,bis auf eine Eingangsbestätigung habe ich noch keine Antwort.
Allerdings habe ich sämtliche Akten auch gerade erst abgeschickt und ehrlich es ist unheimlich viel.Ich hoffe sehr meine Akten werden dort gründlich gelesen.Gesamte Aktensituation sende ich noch an den „runden Tisch“,denn auch dort muss man aufwachen und sehen wozu allein Behörden fähig sind,wenn ihnen keiner auf die Finger schaut.Dass das nötig ist – ist schon schlimm genug.
Übrigens steht auf meinem zweiten Ablehnungsbescheid der Satz.
„Sie sind in dem Zeitraum von 1966-1968 durch mehrfach sexuellen Missbrauch OPFER VON GEWALTTATEN geworden.
Im nächsten Atemzug spricht man mir ab noch darunter zu leiden.Opfer bin ich über ein viel,viel längeren Zeitraum geworden-immer dann wenn man ihn wieder aus dem Gefängnis ließ……. .
Die Verjährungsfrist muss also rückwirkend und unbegrenzt aufgehoben werden.Dafür kämpfe ich auch auf meiner nächsten Lesung.Ich bin so entsetzt und genau das treibt mich ……in diesem Sinne eine gute Zeit für uns.Sascha
Hallo Sascha,
habe auch mit Fr.Bergmann, der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung gesprochen. Sie fragte mich, was die Politiker tun könnten, um etwas zu verändern. Ich sagte, man müsse die Verjährungsfristen für sex.Missbrauch aufheben. Aber gerade dies wird ja vorerst nicht getan.
@ Doro:
Warum so wenig über die Betroffenen in Familien gesprochen wird: weil fast alle heute Erwachsenen in ihrer Kindheit Gewalt in irgendweiner Form erlebt haben und weil die Beschäftigung mit Gewalt in der Familie diese alten Wunden aufreißen kann, vielleicht sogar muß, wenn die Beschäftigung ehrlich und empathisch ist. Die in der Kindheit erlittene Gewalt wurde verdrängt, weil die Eltern dies so wollten, weil das 4.Gebot es so will und weil es einfacher ist, die erlittene Gewalt an die nächste Generation weiterzugeben, da man so seine Schmerzen verdrängen kann. Diese Schmerzen kann man auch verdrängen durch Alkohol, andere Drogen, dumpfes TV-Glotzen u.v. m. Und da wären wir schon beim Krankheitsbild unserer Gesellschaft. Darunter leiden die Menschen am meisten: an den verdrängten Demütigungen und Gewalterfahrungen aus der Kindheit und deren Folgen.
ich habe mit meinen kindern(42 und 47) über meine kindheit,die gewalt im elternhaus den sexsuellen mißbrauch, die vergewaltigungen u.s.w.gesprochen(bis auf die gewalt, die war im elternhaus, das andere
nicht ) seither ist nichts mehr wie es war.sie wollen nichts davon wissen. ich bin seit 6 jahren spielerin.ich habe sehr viel krach mit meinen kindern.
ich habe ständig selbstmord gedanken.aber ich muss noch durchhalten, da mein jetziger mann schwer krank ist (lungenkrebs im endstadium).aber danach werde ich ihm folgen. ich kann und will nicht mehr.
alles liebe gudrun
Liebe Gudrun,ich kann Dich so gut verstehen und auch Deinen Satz „ich kann nicht mehr“
…wie oft habe ich so gedacht,aber irgendwann stellte ich fest,dass ich am Leben sein möchte und das nicht nur,damit mein Erzeuger nicht gewinnt,sondern weil doch auch Schönes passiert.vor meinem Fenster steht eine große Tanne und dort bauen Elstern ihr Nest.Die Vögelchen kümmern sich so rührend.Das Kleine erfreut mich oft und ich würde gern dem Kleinen GRÖSSE schenken.
„das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine“von Brecht
Suchen in diesem Elend und manchmal finden……bitte,bitte gib nicht auf und hier kannst Du reden…es gibt hier keinen,der dich nicht versteht
…als mein Kampf begann hatte ich keinen Plan B…..jetzt ist C D E und F dazu gekommen.Herzlich Sascha
@ anna
Ja, sexueller missbrauch in einem familiären system bedeutet lebenslängliche Abhängigkeit von seinem zerstörten Seelenleben. Ambivalente Gefühle werden sich nie ganz auflösen.
Die oft erwähnte emotionale Blindheit, die Alice Miller beschrieb, das ist es, was anstelle der 10 Gebote gesetzt werden sollte.
Wir haben keine authentische Gesellschaft. Wie soll da ein Kind urvertrauen erhalten???????????
Es ist einfach nur noch lächerlich zu sehen, wie manche Mitmenschen mitunter „bewusst“ aud einem freien willen heraus lieber diese Schauspielbühne weiter nutzt, als mal durch das Tränental gehen zu wollen. Sorry,,,,,,die Zeit wo ich da Verständnis für habe geht zuende,,,,
Wir alle haben dafür Sorge zu tragen, dass sich alle diejenigen, die tief betroffen sind, aufgehoben fühlen in äussere Sicherheit, ergo meint,,,,finanzielle Absicherung und in einer tragenden Beziehung.
Genau das ist es, wessen sich die von Dora erwähnten Menschen bemächtigen, um ihren eigenen Schmerz nicht sehen zu müssen.
Sie machen es eben mit, das Spiel. So wie es die Frauen getan haben, die eben nicht ihre Kinder nahmen und das Weite suchten. Sie blieben bei ihren kaputten und degenerierten Männern und hielten sie als Sklaven um sie auszusaugen wie ein Vampir,,,,,,,,,
Im Fall Krailing werden wir wohl sehen noch, was es heisst, unbewusste aber durchaus spürbare neid und hassgefühle einfach zu ignorieren.
Ich bin mir ganz sicher, dass wir eine gemeinsame Basis schaffen konnten und sehe zuversichtlich in die Zukunft, was die Bewusstseinserweiterung jedes einzelnen betrifft,,,,
Ich werde nach wie vor kein Blatt vor den Mund nehmen, bin mir natürlich bewusst, dass ich auch nicht so schnell mit Verleumdungsklagen zu rechnen habe, wie manch anderer .
Inzwischen amüsant finde ich Situationen, wie zum beispiel in einem Chat. Wenn dort einer sagt, es wäre nicht der richtige ort um über sexuellen missbrauch zu sprechen, muss ich lachen wenn ich sage:“ Ich habe lange genug geschwiegen, mir verbietet keiner mehr den Mund“
Sollte es mir im Nachhinein flau werden in der Magendgegend weil ich meine eigene ohnmacht spüre den Tätern gegenüber, dannist da was.
Ich habe mir ein netzt gewebt,,,,,,,das fängt mich auf,,,,
Äussere,,,,und ich sage bewusst äussere Sicherheit,,,,,und eine tragende Bezeihung,,,,,,,das ist nun wichtig für uns alle,,,,
@ raschida: Vieles, was du schreibst, sehe ich genauso. Und die alltäglich uns umgebende und von den meisten anderen PlanetenbewohnerInnen nahezu kritik-(oder bewusst-?)los bespielte „Schauspielbühne“ macht es immer noch schwerer, sich mit unserem Bewusst-Sein dort ohne Schmerzen und neuerliche Verletzungsgefahr einzubringen.
@ anna m.: Ich weiß schon, warum „da draußen“ nicht über die alltägliche Gewalt in den Familien gesprochen wird. Ich weiß, dass es mit kollektiven Verdrängungsleistungen zu tun hat. Auch mir sind die Ansätze von Alice Miller alles andere als fremd.
Was mich – ich wiederhole mich – aber zu meinem Kommentar veranlasste, war die Verleugnung/Verdrängung der familiären sexualisierten Gewalt AUCH bei anderen Betroffenen und bei denjenigen, die sich derzeit auf öffentlicher Bühne zum Thema äußern. Egal, ob man hier mitliest oder in anderen Betroffenenforen, egal, ob man die Medienberichte (z.B. Panorama letzte Woche) sieht oder liest, egal, ob irgendeine neue Verlautbarung vom Runden Tisch und Konsorten kommt: Es geht in 90 Prozent der Beiträge um die Betroffenen aus institutionellen Kontexten (Kirchen, Schulen, Sportvereine). Und es war mir einfach ein Bedürfnis (bzw. ist es immer noch), darauf mal hinzuweisen und auch anderen Betroffenen (die ja größtenteils hier meinen Kommentar lesen) mal aufzuzeigen, wie eng geführt oft auch ihre Denkweise ist, wenn sie sich regelmäßig nur auf die Kritik an den Kirchen oder den Schulen stürzen.
54,3 Prozent aller Betroffener/Anrufer, die sich bislang an die Bundesmissbrauchsbeauftragte gewendet haben, waren Opfer von sexualisierter Gewalt in der Familie. 35,7 Prozent waren von Gewalt in institutionellen Kontexten betroffen und 10 Prozent von sexualisierter Gewalt aus dem nahen Umfeld.
Was ich mir nur wünschen würde, ist, dass auch Betroffene von institutioneller Gewalt (und wenigstens die!) ihren Wahrnehmungshorizont so weit halten, dass ihnen immer bewusst ist, dass es noch eine weitere Gruppe von Betroffenen gibt. Selbst wenn diese bislang und nach wie vor in der kollektiven Wahrnehmung verdrängt wird.
Ich wünsche mir – und würde es als ein Zeichen von Respekt und Solidarität (auch) uns gegenüber empfinden – dass wenigstens unter uns Betroffenen die Argumentation nicht nur auf die Kirchen oder die Schulen eingeengt wird. Denn die Folgen von sexueller Gewalt in der Kindheit sind für alle gleich. Egal, wo ihnen diese Gewalttaten angetan wurden.
Dennoch danke ich euch beiden für euer Verständnis.