Der vielbeachtete Dokumentarfilm „Wenn einer von uns stirbt, geh‘ ich nach Paris“ (81 Min.) erscheint am 8. Juli 2011 als DVD im Label „goodmovies“:
http://www.goodmovies.de/einzelansicht.php?products_id=594#

Das teilt Filmemacher Jan Schmitt mit, der sich darüber sehr freut, weil sein Film dann endlich in ganz Deutschland gesehen werden kann, auch in Regionen, die nicht erreicht wurden.

Die gesellschaftlichen Widerstände gegen diese Thematik sind immer noch zu groß, auch wenn es mehr als nötig wäre, sich endlich mit den wirklichen Folgen von sexualisierter Gewalt auseinander zu setzen, meint der Filmemacher.

Der abendfüllende Dokumentarfilm (Kinostart 19. November 2009) war seiner Zeit voraus.
Erst am 28. Januar 2010 brach ein Sturm der Entrüstung los über systematischen Kindesmissbrauch in katholischen und staatlichen Einrichtungen, obwohl das Thema seit 30 Jahre die Frauenberatungsstellen beschäftigt und auch die katholische Kirche schon 2001 intern einen Missbrauchsbeauftragten berufen hatte.

„Wenn einer von uns stirbt, geh‘ ich nach Paris“ (2007/08) ist eine besondere Dokumentation über sexuellen Missbrauch in der Familie des Filmemachers. Sehr leise und vorsichtig erzählt der Regisseur die schier unglaubliche Geschichte seiner eigenen Mutter, die sich 1996 das Leben nahm.

Der Film lenkt damit die Aufmerksamkeit nicht nur auf die Familie als Keimzelle unserer Gesellschaft, in der immer wieder Kinder in der Falle sitzen, sondern thematisiert auch den Suizid, der nach sexuellem Missbrauch häufiger vorkommt als bislang angenommen.

Alle Betroffenen eint, dass sie durch die traumatische Gewalterfahrung in der Kindheit den Tod in sich tragen. Darüber gesprochen wird aber nicht. Der Film bricht auch da mit einem Tabu.

Wie mit den Tätern umgehen?

Ein langer Textbeitrag auf der DVD schildert sehr genau und detailreich die Begegnung des Filmemachers mit Pater K. SJ, der seine Mutter als Kind sexuell missbraucht hat und sie durch die Beichte jahrelang gefügig hielt.

„Es gibt noch so viele schwarze Flecken auf der Landkarte Deutschlands, an denen sexualisierte Gewalt passiert und passiert ist und an denen nicht öffentlich darüber gesprochen wird. Das hängt auch mit dem Schweigekartell der katholischen Kirche zusammen, das von den Bistümern aus vehement verteidigt wird. Bischof Zollitsch sollte sich schämen, meint Jan Schmitt, da in seinem Bistumsbereich offenbar vertrauliche Daten eines Missbrauchsopfers an den Täter weitergereicht wurden, wie DIE ZEIT erst kürzlich berichtete. Zollitsch schweigt dazu.
Ist es Zufall, das ausgerechnet in Freiburg der Dokumentarfilm „Wenn einer von uns stirbt, geh‘ ich nach Paris“ bislang nicht gezeigt werden konnte? Es fand sich dort kein Kino. Ist das Thema kein Thema in Freiburg?

Je näher man einem Bistum kommt, umso unwahrscheinlicher ist die öffentliche Auseinandersetzung mit sexualisierter Gewalt, resümiert Jan Schmitt. Regensburg blieb eine Ausnahme, ein kleiner Kinoverein hatte den Film am 11. Dezember 2010 dort gezeigt und die Diskussion erneut in der Stadt getragen, in der Knaben der Regensburger Domspatzen Opfer sexualisierter Übergriffe geworden waren.

Die am 8. Juli 2011 im Label „goodmovies“ erscheinende DVD von „Wenn einer von uns stirbt, geh‘ ich nach Paris“ enthält auch ein Interview mit dem Regisseur, der ausführlich über die Machart und Wirkung seines Films spricht. Mit dem poetisch verwirrenden Titel wollte Jan Schmitt das Thema aus der Grauzone herausholen und nicht nur Betroffene damit erreichen. Denn sexualisierte Gewalt findet weiter statt, mitten in unserer Gesellschaft, täglich, in ganz normalen Familien, und wir alle schauen lieber weg.