netzwerkB Pressemitteilung: „finanzielle Hilfe“

Die Arbeitsgruppe „Justiz“ des „Runden Tisches zur Aufarbeitung von Fällen sexuellen Missbrauchs“ stellte auf seiner Sitzung vom 4. Oktober 2011 den Betroffenen sexualisierter Gewalt „finanzielle Hilfe“ von „grundsätzlich maximal 10.000 Euro“, unter anderem für Therapien, in Aussicht. So berichtete die ZEIT am gleichen Tage. Die Bedingung sei, dass „nicht bereits andere Stellen wie beispielsweise Krankenkassen oder die Täter selbst für Leistungen aufkommen“.
http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2011-10/missbrauch-opfer-entschaedigung

So stehlen sich die Institutionen und Organisationen, in deren Reihen pädokriminelle Täter, oftmals als Serientäter schon aktenkundig, sich an Kindern und Jugendlichen vergehen konnten, aus der Verantwortung.

Dies bezeichnet der Runde Tisch als „Entschädigungen“. Dabei geht man von denjenigen Schmerzensgeldtabellen in Deutschland aus, die im internationalen Vergleich einfach unglaubwürdig sind, weil sie das Leben eines Menschens und seines Lebensglücks mit dem Wert eines Gebrauchtwagens gleichsetzen.

Letztlich forciert der Runde Tisch den Täterschutz, nicht den Opferschutz, wie netzwerkB der Öffentlichkeit bereits mit dem Beitrag vom 29. September 2011 in der Frankfurter Rundschau mitteilte,
http://www.fr-online.de/meinung/gastbeitrag-missbrauchsopfer-werden-verhoehnt,1472602,10918224.html
nachdem die taz vor dem Hintergrund einer Indiskretion bereits am 15. September 2011 über das Versagen des Runden Tischs berichtet hatte.
http://www.taz.de/Runder-Tisch-Missbrauch/!78172/

Die Betroffenen sind aufgrund oftmals jahrelanger Misshandlungen und Missbrauchs komplex traumatisiert mit psychischen und physischen Folgen, litten und leiden unter Beeinträchtigungen ihrer schulischen, beruflichen und persönlichen Entwicklung. Hier muss eben differenziert werden, nicht pauschalisiert und dann unter den Teppich gekehrt.

Richtig wäre es, die Fristen für die zivilrechtliche und strafrechtliche Verjährung aufzuheben. Das muss rückwirkend geschehen, für den gesamten Raum der Bundesrepublik auch einschließlich des ehemaligen DDR-Gebiets, weil viele Betroffenen ihr Leben lang Hilfe in unterschiedlichem Umfange brauchen.

Ebenso müssen die Institutionen verpflichtet werden, ihre Akten offenzulegen für eine wirkliche Aufklärung von unabhängiger Seite. Die Unterschlagung und Vernichtung von Akten, wie sie bei der römisch-katholischen Kirche nachgewiesen wurden, ist unerträglich.

Ebenso muss das System der Entschädigungen endlich an einen internationalen Standard angepaßt werden. Die Opfer müssen hier mit ihren Leiden und Qualen im Mittelpunkt stehen, nicht das Wohlergehen der Täterorganisationen, wie es dieser Runde Tisch offensichtlich zum Ziel hatte.


netzwerkB.org (Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt) ist eine unabhängige Interessenvertretung. Wir setzen uns für die Rechte Betroffener ein, indem wir das gesellschaftliche Schweigen brechen, über Ursachen und Auswirkungen sexualisierter Misshandlung informieren, beraten und uns für konkrete Veränderungen stark machen.

netzwerkB bittet darum an Betroffene die netzwerkB-Kontaktdaten weiterzugeben sowie die Kontakt-Email (info@netzwerkb.org) und Website (www.netzwerkB.org) zu veröffentlichen.

Für Journalisten-Rückfragen:
netzwerkB – Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V.
Nobert Denef, Vorsitzender
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