WIENER ZEITUNG 17.10.2011

Von Petra Tempfer

Wer schlimm ist, kommt ins Heim. So wurden in der Nachkriegszeit die Insassen der städtischen Kinderheime abgestempelt, die diese nicht einmal dann verlassen durften, wenn sie in die Schule mussten oder krank waren. Es waren geschlossene Systeme, vergleichbar mit einer Kaserne oder einem Gefängnis, in dem die Erzieher Menschen von der Straße ohne besondere Ausbildung waren. Erst nach der Heimreform 1971 wurden die Heime geöffnet, kleinere Gruppen und Wohngemeinschaften gebildet und Supervisionen eingeführt.

Dass in den geschlossenen Systemen fast nichts nach außen drang und das Missbrauch und Vergewaltigung Tür und Tor öffnete, scheint nachvollziehbar. Dass damals nicht einmal Personalakte angelegt werden mussten, macht Nachforschungen heute noch schwieriger. Angesichts der aktuellen Missbrauchsvorwürfe im Kinderheim im Schloss Wilhelminenberg ist aber dennoch eine politische Debatte über die Verjährungsfrist bei Kindesmissbrauch entbrannt. Vier der fünf Parlamentsparteien sprechen sich für eine Verlängerung oder Abschaffung der Verjährungsfrist aus – allein die ÖVP ist dagegen.

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