Ich gebe mal einen Kurzbericht über meine Kindheit.

30.10.2009 – Mein Name ist Heinz L. und ich bin im Januar 1948 geboren. Ich kam mit acht Monaten vom 29.09.1948 bis 16.07.1957 in ein Kinderheim in Mönchengladbach, Engelbleckerstrasse 55. Dieses Heim wurde von der Diakonie geleitet. In diesem mussten wir stundenlang in Reihen auf dem Töpfchen sitzen. Schläge gab es für jede Kleinigkeit, ins Gesicht oder auf den Po. Erbrochenes Essen musste wieder gegessen werden. Nachdem ich mit neun Jahren für das Heim nicht mehr tragbar war ging es für fast ein Jahr in das Don Bosco Kinderheim in Viersen Helenabrunn bis zum 22.05.1958. Dieses Kinderheim wurde von Nonnen der Augustinerinnen/Emmaculata geleitet. Mit 10 Jahren kam ich für ein Jahr wieder nach Hause. Das Heim wollte mich auch nicht länger haben.
Meine Mutter konnte mit dem total zerstörten Jungen auch nicht mehr umgehen und so kam ich mit elf Jahren am 19.03.1959 nach Urft in die Eifel ins Hermann Josef Haus.
Hier der Bericht vom Hermann Josef Haus über mich bei der Einlieferung:
„Heinz war von seiner Geburt an fast immer in Kinderheimen, die Mutter hatte sich nie allzu viel um ihn gekümmert. Als er zu schwierig wurde hat man ihn zur Mutter entlassen, diese arbeitete aber den ganzen Tag und Heinz war sich selbst überlassen.“ In Urft war ich in der Christopherusgruppe unter Schwester Adelheid im Altbau. Oben auf dem Dachspeicher war eine Zelle eingerichtet worden. In der nur eine Matratze mit einer kratzigen Decke war. In dieser Zelle war es im Sommer zu heiß und im Winter viel zu kalt, wenn wir da eingesperrt wurden. Ein halb gefüllter Eimer mit Wasser diente der Notdurft, ansonsten war die Zelle leer. Da war ich mal gerade 11 Jahre alt. Bettnässer haben immer Prügel bezogen, wenn sie ins Bett gemacht haben. Das passierte mir auch manchmal. Prügel gab es auch für Widerworte und ganz viel Prügel gab es für Gotteslästerung. Wir sind nach der Schule mit Arbeit übersät worden, Kuhstall reinigen, Schweine füttern und Kartoffel schälen waren unsere Aufgaben.
Jeden Tag, also morgens vor dem Frühstück, gingen wir in die Kapelle des Kinderheimes Herman Josef Haus. Ein Salvatorianer Pater aus Steinfeld, hielt die Messe ab und wohnte auch im Heim. Beim Fußballspiel bekam ich mal den Ball in den Unterleib und der Salvatorianer sagte zu mir, ich müsse zu ihm kommen, damit er mich untersuchen kann. So fing der sexuelle Missbrauch an. Ich saß auf seinem Schoß und er rieb sein Teil an meinem Körper. Einmal hatte ich den erigierten Penis auch in der Hand. Sein stöhnen geht mir bis heute nicht aus dem Sinn. Auch seine Alkoholfahne war für mich unerträglich. Sein Name war Pater S. M. Er massierte auch anderen Heimkindern gerne die Hoden nach dem Fußballspiel bei einer Verletzung. Hans-Günter H. kann den sexuellen Missbrauch im Heim bestätigen, denn auch seine Hoden wurden massiert. Unser erster Erzieher hieß damals Herr Haas. Unsere Lehrerin war eine kleine, alte Nonne, die besonders gerne zuschlug. Schwester Adelheid hatte sehr starken Mundgeruch gehabt. Als ich sie darauf ansprach bezog ich feste Prügel. Frag nicht nach Sonnenschein! Dort blieb ich bis zum 29.06.1962. Also 3 Jahre und 3 Monate.
Anschließend war ich noch im Erziehungsheim Fichtenheim bei Krefeld, der vom LVR Köln betrieben wurde. Eine Lehre habe ich da angefangen, aber nicht zu Ende geschafft.
Herr Jansen, ein Erzieher vom LVR, schlug mir mit seinem schweren Schlüsselbund auf mein rechtes Ohr und zerstörte dabei einige Nerven. Mein Leben lang litt ich an Hörverlust.
Nach meinen traumatischen Erfahrungen während meiner Heimaufenthalte habe ich auf privatem Wege doch noch am 17.08.1965 meine Metzgerlehre fertig gemacht und danach mehr als 30 Jahre als Metzger körperlich sehr hart gearbeitet.
Aufgrund körperlicher Beeinträchtigungen und der leidvollen Heimerfahrung, war ich nicht mehr in der Lage einer geregelten beruflichen Tätigkeit nachzugehen und bin frühzeitig aus dem Erwerbsleben ausgeschieden. Heute bin ich Frührentner, leide neben den körperlichen und seelischen oft dramatischen finanziellen Engpässen; sie würden das Altersarmut nennen. Meine Frau und ich leben kaum ein selbstbestimmtes Leben, unsere Tage sind geprägt von Ängsten, was wird morgen sein? und werden wir heute wie so eine furchtbare Nacht haben, wie gestern? geprägt von Albträumen, Aggressionen und dem Gefühl des Ausgeliefertsein und der Hoffnungslosigkeit. Jeder Tag führt mir die Schrecken meiner Kindheit und Jugend vor Augen, ich kann einfach meine misshandelte Kindheit nicht vergessen und fühle jeden Tag, wie damals!
Seit einem halben Jahr bin ich in Therapie wegen PTBS.
Danke Deutschland.
Heinz L

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