Der deutsche Bundestag verstößt gegen die Menschen- und Bürgerrechte. Verletzungen an Kindern dürfen nicht bagatellisiert werden

Bereits mit der Pressemitteilung vom 20. Juli 2012 reagierte netzwerkB auf den Beschluss des Deutschen Bundestages vom 19. Juli 2012, die Beschneidung von männlichen Säuglingen und Kindern aus religiösen Motiven gesetzlich erlauben zu wollen, mit Protest. Die Beschneidung ist eine Form der Gewalt gegen Kinder:
http://netzwerkb.org/2012/07/20/netzwerkb-lehnt-die-beschneidung-von-kindern-aus-religiosen-motiven-als-gewalt-gegen-kinder-ab/

In seiner Sitzung vom 19. Juli 2012, in der Ferienzeit zustande gekommen, gab der Deutsche Bundestag – auf Druck der großen Religionsgemeinschaften hin – den Kinderschutz preis. Es nimmt eine Traumatisierung der Betroffenen billigend in Kauf:
http://www.youtube.com/watch?v=VnciPO32Wo4

Dabei stellt sich der Deutsche Bundestag auch den Erkenntnissen der Kinder- und Jugendmedizin entgegen. Offenkundig hat der Deutsche Bundestag am Kinderschutz mehrheitlich kein Interesse.

Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie begrüßte das Urteil im Sinne der ärztlichen Ethik. Das nun ergangene Urteil gebe Rechtssicherheit und unterstreiche das Recht auf körperliche Unversehrtheit des Kindes: „Gerade Kinderchirurgen, die nicht einwilligungsfähige Kinder mit Einwilligung ihrer Eltern operativ behandeln, müssen hier strenge und klare Maßstäbe ansetzen. Nur die elterliche Einwilligung zu einer Operation, die dem Kind nach Abschätzen des Nutzen und des Risikos medizinisch zum Wohle gereicht, ist rechtswirksam. Dieser Sachverhalt ist aber bei der Beschneidung kleiner Knaben ohne Einwilligungsfähigkeit außerhalb der medizinischen Indikation nicht erfüllt.“
http://www.dgkch.de/index.php/presse/189-pressemitteilung-juli-2012

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte mahnte angesichts der „fundamentalistischen Züge der Debatte“ und der „Bagatellisierung dieser Form der Körperverletzung durch die Beschneidungsbefürworter“, es müsse das Kindeswohl und das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit an erster Stelle stehen. Verbandspräsident Wolfram Hartmann wies auf „lebenslange körperliche und vor allem seelische Verletzungen““ hin. Für die Politik scheine der Rechtsfrieden „mehr zu zählen als das persönliche Trauma“.
http://www.welt.de/politik/deutschland/article108314004/Kinderaerzte-Koerperverletzung-wird-bagatellisiert.html

Wolfgang Bühmann, Urologie-Facharzt in Sylt-Westerland und Pressesprecher des Berufsverbandes der deutschen Urologen, ist entschieden gegen eine Beschneidung von Kindern unterhalb der Volljährigkeit und damit ohne Einwilligungsfähigkeit aus religiösen Gründen, selbst wenn diese in Narkose erfolge. „Wenn es keine medizinischen Gründe für den Eingriff gibt, dann handelt es sich eindeutig um Körperverletzung. Das Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit steht eindeutig über der Religionsfreiheit der Eltern.“
http://www.tagesspiegel.de/politik/beschneidung-aus-medizinischer-sicht-was-bei-dem-eingriff-passiert/6806700.html

In einem gemeinsamen Aufruf von mehr als 140 Medizinern und Juristen, darunter Matthias Franz, Professor für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Universität Düsseldorf, Holm Putzke, Jurist an der Universität Passau, Maximilian Stehr und Hans-Georg Dietz, Kinderchirurgen an der Kinderchirurgischen Klinik der Universität München, werden Bundesregierung und Bundestagsabgeordnete aufgefordert, das Kindeswohl in den Mittelpunkt zu rücken: „Es herrscht eine bemerkenswerte Verleugnungshaltung und Empathieverweigerung gegenüber den kleinen Jungen, denen durch die genitale Beschneidung erhebliches Leid zugefügt wird“.
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/offener-brief-zur-beschneidung-religionsfreiheit-kann-kein-freibrief-fuer-gewalt-sein-11827590.html

Der deutsche Bundestag verstößt gegen die Menschen- und Bürgerrechte:

Nach Artikel 2 des Grundgesetzes hat „jeder das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit hat“. Dies ist nach Auffassung von netzwerkB gerade bei minderjährigen Kindern das höhere Recht.

Nach § 24 der UN-Kinderrechtskonvention haben die Vertragsstaaten, zu denen auch Deutschland zählt, „alle wirksamen und geeigneten Maßnahmen zu treffen, um überlieferte Bräuche, die für die Gesundheit der Kinder schädlich sind, abzuschaffen“.

Der deutsche Bundestag zeigt leider immer wieder, dass er am Schutz und an den Rechten der Kinder und der Opfer kein Interesse hat. Die Politiker bringen Worte, widersprechen sich aber in ihren Taten.

Verletzungen an Kindern dürfen nicht bagatellisiert werden. Gewalt bleibt Gewalt auch an Menschen, die noch kaum eine eigene Stimme haben.

Die Beschneidung aus religiösen Motiven muss bis zur Volljährigkeit verboten sein. netzwerkB fordert einen verbesserten Schutz der Kinder vor Verletzung und Gewalt.

Auch die Verjährungsfristen für zivilrechtliche und strafrechtliche Gewaltaten im sexualisierten und anderen Bereichen müssen komplett überarbeitet und in schweren Fällen auch aufgehoben werden. Ebenso ist in Deutschland ein angemessenes System von Entschädigungen an den internationalen Maßstab anzupassen.

Für Journalisten-Rückfragen:
netzwerkB – Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V.
Norbert Denef, Vorsitzender
Telefon: +49 (0)4503 892782
Mobil: +49 (0)163 1625091
norbert.denef@netzwerkb.org
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http://twitter.com/#!/NorbertDenef

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