Die Koalitionsvereinbarungen zwischen CDU, CSU und SPD liegen der Öffentlichkeit nun in einer Endfassung vor:
2013-11-27_koalitionsvertrag_cdu_csu_spd.pdf

Aus Sicht des Betroffenenverbandes netzwerkB wird die verabredete Regierung gegenüber den Opfern von Gewalt mit den im Vertrag vereinbarten Regelungen absolut nicht ausreichend gerecht – wie schon in den vergangenen Legislaturperioden.

Koalitionsvertrag-CDU-CSU-SPD-27-11-2013-S-100.pdf

Opfer interpersoneller Gewalt und anderer durch Dritte verschuldeter Gesundheitsschädigungen bleiben ihr Leben lang von den Folgen betroffen, unter anderem in den Bereichen physischer, psychischer und sozialer Gesundheit, Ausbildung und Berufstätigkeit.

Opfer bleiben allein gelassen

Mit diesem Koalitionsvertrag werden die Opfer von Gewalt trotz aller Lippenbekenntnisse vor Gericht, in Ämtern und im Gesundheitssystem allein gelassen. Das in Deutschland geltende Schadensersatzsystem wird den realen Schäden nicht gerecht. Je nach Einzelfall sind auch Entschädigungen in sechs- und siebenstelliger Höhe für den entstandenen Schaden angemessen. Obwohl dies allen bekannt ist, tastet dies die neue Regierung erneut nicht an.

Verjährungsfristen ganz aufheben

Zudem widerspräche nicht dem Rechtssystem, die Verjährungsfristen ganz aufzuheben, um den Belangen der Gewaltopfer Rechnung zu tragen, im Zivilrecht auch rückwirkend. Gerade traumatisierte Opfer brauchen lange Zeit, bevor sie den Rechtsweg bestreiten können. Zudem zeigen sich viele weitere Gesundheitsfolgen erst sehr spät.

Notwendigkeit einer Anzeigepflicht

Dringend notwendig ist auch die Einführung einer Anzeigepflicht, damit Gesundheitsschäden nicht mehr länger materiellen Schäden untergeordnet bleiben, wie etwa der Geldfälschung. Hierzu wurde schon das Vorhaben der Bundesjustizministerin Zypries 2003 leider komplett ausgehebelt. Es ist Täterschutz, hier Mitwisser und Helfer nicht belangen zu können.

Haftung für Institutionen

Ebenso sind Organisationen, die Täter beschäftigen, in die Haftung für Schädigungen, die in ihrem Bereich stattfinden, mit einzubeziehen. Im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit muss eine Haftpflichtversicherung obligat sein, um ausreichende Entschädigung und medizinische Unterstützung bei Straftaten sicherstellen zu können.

Runder Tisch dient dem Täterschutz

Die bisherigen Regelungen des Runden Tisches dienen alleinig dem Täterschutz. Die Opferverbände waren an ihm nicht beteiligt. Der Fonds ist ein einmaliger Tropfen auf dem heißen Stein, ohne die Opfer wirklich in gerechter Weise zu entschädigen und dient vor allem dazu, große Organisationen wie die Kirchen von einer Mithaftung zu entlasten.

Meldepflicht muss wieder hergestellt werden

Wir lehnen unter anderem die 2013 auf Druck des Runden Tisches vorgenommene Abschaffung der Meldepflicht von Straftaten und Straftätern durch Therapeuten und Medizinern gegenüber den Krankenkassen ab. Auch hier muss die Regressmöglichkeit gegen die Täter den gesetzlichen Krankenkassen erhalten, bzw. wieder hergestellt werden.

Verbesserung der Versorgung

Wir verlangen, dass auch im Bereich der Medizin Mittel bereit gestellt werden, damit der Bereich der Traumatologie mehr erforscht werden kann, Mediziner hier besser geschult werden und Patienten rascher und sachgerechter behandelt werden können.

Wir verlangen, dass auch mehr Familienhäuser geschaffen werden, damit Familien in schlimmen Krisen gemeinsam Hilfe suchen und gegebenenfalls auch Intervention finden können.

Jugendlich vor Pornofizierung schützen

Im Bereich der Pornografie gibt es nicht genügend Jugendschutz. Auch hier ist es die Pflicht der Bundesregierung, mehr Verantwortung zu übernehmen. Kinder und Jugendliche müssen vor einer Pornofizierung ihrer Welt geschützt werden.

Wir erwarten und verlangen eine Politik, die den Mut hat, den Menschen mehr Würde, einen Schutz vor Gewalt und eine Hilfe bei Verbrechen zu gewähren. Wir verweisen hierzu auch auf unsere Pressemitteilung vom 26.11.2013:
Stellungnahme zum Entwurf des Koalitionsvertrags 2013 von CDU, CSU und SPD

Für Rückfragen:
netzwerkB – Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V.
Telefon: +49 (0)4503 892782 oder +49 (0)163 1625091
presse@netzwerkb.org
www.netzwerkB.org

Hier können Sie spenden und Mitglied werden …
Unterstützen!