(Bottrop: v.l. Oberbürgermeister Bernd Tischler, Markus Elstner, Karl Görtz)

netzwerkB Aktion Essen-Bottrop

Ein Bericht von Karl Görtz

Warten Sie darauf, dass auch noch die letzten Altbetroffenen, die Klage erheben könnten, wegsterben, bevor Sie den Beginn der Verjährungsfrist bei sexualisierter Gewalt ab einem Alter von 30 Jahren für die begrenzte Zeit von höchstens 20 Jahren laufen lassen. Das kann man auch drehen. Ab einem Alter von 21 Jahren soll die Verjährungsfrist für 30 Jahre laufen. Schau an, 1 Jahr mehr. Hier wird um jedes Jahr einer Verkürzung der Verjährung gefeilscht. Maximal 50 Jahre ab Geburt kann sich also die kaputte und sprachlose Seele durchs Leben bewegen. Danach sollen die Qualen der Opfer, die sich in der traumatischen Aufarbeitung befinden, sich dem Recht auf Frieden der Täter in der Vergangenheit beugen und jetzt auch noch den Rechtsfrieden für die Täter der Zukunft sichern. Jeder Täter soll einmal neu anfangen können auch wenn man ihn nach 50 Jahren nie mehr erwischen kann und er dann weiterhin seiner seelenmörderischen „Neigung“ nachgehen kann. Subtiler bundesrepublikanischer Täterschutz nach der Verjährung ist das, nichts anderes. Der Öffentlichkeit vorgaukeln, dass Sie was tun ohne das Richtige zu tun, dass können Sie sehr gut, Herr Maas.

Beruhigungspille für Nichtbetroffene

„Wenn nicht wir, wer dann“ So begrüßen wir uns, Markus und ich. Beide leben wir von der Grundsicherung nach dem SGB II, die keine Grundsicherung, sondern nur eine euphemistische Beruhigungspille für Nichtbetroffene ist. Jederzeit könnte der Staat uns diese Grundsicherung entziehen wenn er es darauf anlegen würde. Wir sind nicht grundlos in diesen unsicheren Grund gelandet. Markus zeigt mir ein Schreiben der Staatsanwaltschaft, das schwarz auf weiß dokumentiert, dass sein Leid rechtsstaatlich und juristisch für beendet erklärt worden ist. Verjährt!

 Bürgernähe

Markus hat sich die Hacken abgelaufen, hat alles in Bewegung gesetzt um einen ersten netzwerkB-Infostand  in der Innenstadt von Essen-Bottrop zu platzieren. Er hat unermüdlich Kontakte geknüpft zu Sponsoren, bat um Helium für die Ballons, T-Shirts….hielt Kontakt zur Presse, zu Norbert Denef und Helfern von netzwerkB, die ihm auch das Infomaterial zusandten. Wir danken hier an dieser Stelle insbesondere Elke, Uschi, Jeanette und allen anderen Helfern, die uns vor Ort unterstützten. Ohne eure Hilfe hätten wir das nicht geschafft. Wir danken dem Oberbürgermeister Bernd Tischler für sein Erscheinen und seine Bürgernähe. Jeden von uns hat er persönlich mit Handschlag begrüßt und sich auch wieder persönlich von uns verabschiedet. Diese vom Volk abgehobenen und realitätsfernen Politiker in Berlin sollten sich ein Beispiel an ihm nehmen.

Wir kämpfen da draußen

Ca. 230 Ballons wurden mit Helium und angehängten Infokarten gefüllt und mit Flyern an die Passanten verteilt. Die Flyer stellte Thomas von der Selbsthilfegruppe kostenlos zur Verfügung. Ein ausländischer Textil- und Schuhhändler kam bei unserem Aufbau des Infostandes auf uns zu, zeigte auf die ersten mit Helium gefüllten Ballons und auf seinen fahrbaren Kleiderständer den er uns freundlicherweise zur Verfügung stellte. Als ich einmal kurz zur Toilette im nahe liegenden Kaufhaus ging, saß ein stämmiger afrikanischer Toilettenreiniger vorm Toiletteneingang. Er hatte wohl das netzwerkB Zeichen auf meinem T-Shirt entdeckt und fragte mich, ob ich von der Presse sei. „Nein, nein, entgegnete ich ihm. Wir kämpfen da draußen für die Aufhebung der Verjährungsfristen bei sexualisierter Gewalt. Sofort streckte er mir seinen Daumen-Hoch- Arm entgegen und sagte sehr bestimmend: „Sehr gut!“ Auf der Rolltreppe nach unten fragte ich mich, warum dieser Mann nicht als Herzchirurg in einer deutschen Klinik arbeitet.

Gehör verschaffen 

Viele Passanten fragten danach, wo sie denn für die Abschaffung der Verjährungsfristen unterschreiben könnten. Eine Unterschriftenliste für eine Petition wäre sinnvoll. Wiederum andere fragten danach, um welche Verjährungsfristen es sich denn handeln würde. Inge sagte, wir bräuchten ein Megaphon um uns besser Gehör zu verschaffen. Markus und Peter standen oft der Presse, die sich auch unter die Passanten begab um Meinungen zu den Verjährungsfristen einzuholen, Rede und Antwort.

Gedämpfte Resonanzkörper

Wir wollen hier nicht weiter schöne Worte verlieren, wie wunderbar doch alles gelaufen ist. Für uns war es ein erster Einstieg in die Öffentlichkeit. Resonanz und Zuspruch der Passanten für die Aufhebung der Verjährungsfristen waren da. Uns reicht das aber nicht. Sehr hilfreich für uns wäre auch, wenn Freunde und Mitglieder von netzwerkB für uns in anderen Städten gut besuchte Standorte z.B auf Stadtfesten für uns anmelden und genehmigen lassen könnten. Noch besser wäre, wenn die Politik die Verjährungsfristen komplett abschafft und zwar jetzt und nicht irgendwann. Wir werden jedenfalls in Zukunft weiterhin gemeinsam mit netzwerkB für Resonanz sorgen damit endlich auch die gedämpften Resonanzkörper in Berlin in Schwingung kommen. Der nächste Infostand netzwerkB klärt am 3. Mai 2014, 11-14 Uhr mitten im Wahlkampfgeschehen (Europa,- und Kommunalwahlen) eventuell in der Nähe einer Kirche in der Bottroper Innenstadt auf. Wir bleiben dran!

WAZ Pressemeldung 13.04.2014:
Männer kämpfen gegen Verjährung nach sexuellem Missbrauch

netzwerkB Pressemitteilung 12.04.2014:
Opfer vom Justizminister Maas verraten

Für Rückfragen:
netzwerkB – Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V.
Telefon: +49 (0)4503 892782 oder +49 (0)163 1625091