Kinderpornografie, peinliche Bilder, sexueller Missbrauch: Justizminister Maas will nach dem Fall Sebastian Edathy alles regeln, doch sein Gesetzentwurf bleibt Stückwerk. EIN KOMMENTAR VON ANNELIE KAUFMANN

In den Wirren der Edathy-Affäre im Februar hatte Justizminister Heiko Maas (SPD) schon angekündigt, dass er schnell und deutlich auf den Fall reagieren werde. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy hatte Nacktbilder von Kindern bestellt, die allerdings nach der bisherigen Rechtslage wohl nicht verboten sind. Doch der Gesetzentwurf, den Maas nun vorgelegt hat, ist weit mehr als eine Lex Edathy.

Der Justizminister versucht einen gesetzgeberischen Rundumschlag. Auf 48 Seiten geht es auch um „bloßstellende“ Bilder von Erwachsenen, sexuellen Missbrauch von Schutzbefohlenen, längere Verjährungsfristen und die Verfolgung von Straftaten im Ausland. Maas nutzt die Gelegenheit, um Lücken an zahlreichen Stellen zu schließen. Doch damit muss sein Gesetzentwurf sehr unterschiedliche Bereiche auf einmal regeln und wirkt übereilt.

Es kann durchaus sinnvoll sein, Fragen von Sexualdelikten, Persönlichkeitsrecht und Internetkommunikation zusammen zu behandeln. Kinderpornografie steht gewissermaßen an der Schnittstelle. Maas geht jedoch in verschiedene Richtungen darüber hinaus. Neben der Herstellung und Verbreitung von Kinderpornografie regelt der Entwurf auch andere Sexualstraftaten neu. Er weitet die Strafbarkeit bei Missbrauch von Schutzbefohlenen aus, verlängert Verjährungsfristen, verfolgt Vergehen im Ausland strenger. Nicht nur das: mit dem gleichen Gesetz will Maas auch den Schutz am eigenen Bild ausweiten – dazu gehören Nacktbilder ohne sexuellen Bezug und auch sonstige bloßstellende Bilder.

Eigentlich hatten sich gerade Betroffenenverbände Änderungen am Sexualstrafrecht schon lange gewünscht. Das netzwerkB etwa setzt sich dafür ein, Verjährungsfristen abzuschaffen. Die zahlreichen, erst Jahrzehnte später bekannt gewordenen Missbrauchsfälle aus Schulen, Kirchen und Jugendheimen hatten gezeigt, dass sich viele Betroffene erst nach langer Zeit mit den Taten auseinandersetzen können – wenn die Gerichte längst nichts mehr ausrichten können.

Auch der heutige Minister Maas hatte vor vier Jahren als Fraktionschef im Saarland gefordert, die Verjährung von Kindesmissbrauch vollständig aufzuheben. Bisher beginnen die Verjährungsfristen dann, wenn das Opfer 21 Jahre alt ist – je nachdem, wie schwer die Straftat ist, bleiben dann noch meist fünf oder zehn Jahre Zeit, um die Tat vor Gericht zu bringen. Nun sollen die Fristen erst dann laufen, wenn das Opfer dreißig Jahre alt wird. Das netzwerkB hat den Kompromiss in einer Erklärung bereits kritisiert und als Verrat bezeichnet. Weiter lesen…

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