Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, äußerte sich am 29. April 2014 in Berlin zu seiner Agenda bis 2018.

Aus unserer Erfahrung heraus diente die Stelle des Bundesmissbrauchsbeauftragten nur dem Hinhalten der Betroffenenverbände, damit am Runden Tisch Sexueller Kindesmissbrauch in Abhängigkeits- und Machtverhältnissen in privaten und öffentlichen Einrichtungen und im familiären Bereich die großen Täterorganisationen ihre Vorstellungen von einer täterfreundlichen Welt durchsetzen konnten.

Wir halten die Ergebnisse des Runden Tisches für komplett unbrauchbar.

Der „Fond sexueller Missbrauch“ hat zum Ziel, diejenigen Organisationen, die Täter beschäftigten und dies immer noch tun, aus ihrer Verantwortung zu entlasten. Hierfür ist ein einmaliger Betrag vorgesehen, um Betroffenen Therapien zu gewähren, die von den gesetzlichen Krankenkassen nicht anerkannt sind. Es handelt sich also im wahrsten Sinne des Wortes um ein Placebo. Wir können die Länderregierungen, die sich daran nicht beteiligen vollumfänglich verstehen.

Außer Spesen nichts gewesen!

Die frühere Familienministerin Christine Bergmann wurde von der Bundesregierung zur unabhängigen Beauftragten zur Aufarbeitung ernannt, mit einer Stimme und Sitz am Runden Tisch. Im Dezember 2011 folgte ihr der Unterabteilungsleiter im Familienministerium, Johannes-Wilhelm Rörig, nach.

Zwar hatte ihr Nachfolger, Rörig, keine Stimme und kein Sitz am Runden Tisch, wohl aber ein eigenes Budget, über das er frei verfügen konnte. Davon veranstaltete er beispielsweise in regelmäßigen Abständen auch einen sogenannten “Jour fixe für Betroffene”, für die man sich anmelden konnte und zu dem man dann eingeladen wurde.

Vom Ablauf her sah es so aus, dass zuerst ein Überblick über den aktuellen Sachstand der Arbeit des Unabhängigen Beaufragten gegeben und anschließend darüber diskutiert wurde; ein Protokoll darüber wurde nicht angefertigt. Nach einer Mittagspause mit kleinem Imbiss erfolgte dann ein Referat zu einem Thema, das der Unabhängige Beauftragte bestimmte; Betroffene hatten keine Möglichkeit, auf die Themenauswahl Einfluss zu nehmen, konnten also nicht ansprechen, was ihnen unter den Nägeln brennt. Um 16:00 Uhr endete die Veranstaltung. Die Reisekosten wurden den Teinehmerinnen & Teilnehmern gem. Bundesreisekostengesetzt erstattet – so weit, so gut -, aber jetzt kommt der Haken: “Voraussetzung für die Gewährung von Reisekosten war die ganztätige Teilnahme am Jour Fixe.” Man konnte also nicht einfach gehen, wenn einem etwas nicht gefiel, es sei denn, man wollte auf seinen, unter Umständen erheblichen, Fahrtkosten sitzen bleiben. Irgendwie erinnerte uns das an eine der kostenlosen Tagesausflüge per Bus, bei denen die Teilnahme an einer Verkaufsveranstaltung für Rheumadecken obligatorisch ist…

Seht her, wir tun was!?

Sieht so der verantwortungsvolle Umgang mit unseren Steuergelder und uns als Betroffenen aus? Wollen wir uns das länger gefallen lassen, an derartigen Shows teilnehmen, uns als Statisten benutzen lassen, damit die Politik in der Öffentlichkeit gut da steht und noch immer sagen kann: Seht her, wir tun was!? Wollen wir dieses verlogene Spiel weiter mitspielen und uns vertrösten lassen mit Almosen und auf den berühmten St. Nimmerleins-Tag?

Ja, wir wissen: Einige werden jetzt sagen, dass doch schon mancherlei in die Wege geleitet worden sei und dass wir eben Geduld haben müssten… Ja, wie lange denn noch?

Sind vier Jahre Untätigkeit nicht schon lange genug? Und was sollen diese Demut und Bescheidenheit, die doch sehr an die Haltung eines Opfers erinnern? Warum nicht Herrn Rörig zurück an seinen Unterabteilungsleitertisch schicken? Und das dadurch eingesparte Geld direkt den Opfern zukommen lassen?

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