Vertane Chance – Beschönigung statt Aufarbeitung

Ein Kommentar von Dr. Marcella Becker

Manche Aspekte der derzeitigen Diskussion im schwulen Blätterwald um den Felix Rexhausen Platz in Köln – feierliche Einweihung oder nicht, oder gar doch anders benennen – ist würdelos und ein Schlag ins Gesicht Betroffener von sexualisierter Gewalt.

Wilde Sexspiele 

Rexhausen – ein Journalist und Buchautor, der sich auch für Menschenrechte und Rechte der Homosexuellen eingesetzt hatte, publizierte 1969 unter einem Pseudonym das Buch „Berührungen“, in dem er  pädophile und ephebophile Fantasien in Schilderungen von wilden Sexspielen von 14- mit 11 jährigen Jungs beschreibt. Während er Sex von Erwachsenen mit Sieben- und Neunjährigen vielleicht noch hinterfragte, meinte er jedoch dass „Liebe und Lust mit einem Fünfzehnjährigen“ durchaus eine andere Sache seien.

Diskurs wird abgeschmettert

Anstatt die Diskussion um die Persona Rexhausen als Anreiz zur Aufarbeitung des Themas sexualisierter Gewalt gegen Kinder innerhalb der homosexuellen Bewegung aufzunehmen, vertut man diese Chance und ergibt sich in den üblichen Grabenkämpfen: Man verharrt in einer konsequenten Defensivhaltung gegenüber schwulenfeindlichen Strömungen in der Gesellschaft; die Keule des Vorwurfs der Pädophilen-Keule wird geschwungen; man engagiert sich in Streitereien innerhalb der Szene. Jeglicher kritische und analytische Diskurs wird abgeschmettert. Die Zeit ist reif auch für die homosexuelle Community,  sich damit auseinanderzusetzen, dass es in der Tat Grenzgänger gab und gibt  zwischen sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche  und Homosexualität als einvernehmliche Sexualität zwischen erwachsenen Partnern ohne Machtgefälle.

Zelebrierte Grenzverletzungen

Ein gesundes Sexualempfinden (egal ob hetero oder homo) zu entwickeln war generell eine Herausforderung im prüden Milieu der Nachkriegsjahre. Und dass ein Teil des  Zeitgeistes der 68er von der heutigen Perspektive aus gesehen Grenzverletzungen zuließ und teilweise zelebrierte, ist nun auch kein Geheimnis mehr.

Rexhausen‘s Buch wird – eben auch heute noch – ‚als literarischer Text‘ gepriesen, dem man sich ‚mit literarischen Kriterien zu nähern‘ habe.  Die Stellen im Text mit  Beschreibungen von “wilden Sexspielen von 14- mit 11-jährigen Jungs‘ seien aus dem Kontext gerissen.

Solcherlei literarische Argumentation geht an der körperlichen und psychischen Realität von Jungen dieser Altersgruppen vorbei.

Anale Penetration

Wenn man sich die Unterschiede zwischen der physischen, emotionalen und intellektuellen Entwicklung von 11 jährigen und 14 jährigen Jungen veranschaulicht, dann ist eine (wenn auch nicht erfolgreiche sondern nur versuchte) anale Penetration – wie sie Rexhausen beschreibt – zwischen einem 11 und einem 14 jährigen eine Form von Gewalt. Ein  solcher Altersunterschied stellt eine inhärente strukturelle Gewalt bei Sex‘spielen‘ dar.

Und egal in welchem politischen oder gesellschaftlichen Milieu es geschieht – sei es in schön-geistigen elitären Zirkeln, reformpädagogischen Zirkeln,  heimlich in einem restriktiven religiösen Kontext, in linken Gruppen, die sich vom Moder der Nachkriegsjahre befreien wollten, oder eben auch homosexuelle Gruppen, die für eine Anerkennung und Akzeptanz ihrer Sexualität kämpfen- Kinder und Jugendliche als Projektionsfläche für erwachsene sexuelle Bedürfnisse zu benutzen ist immer eine Form von Gewalt.

Dies zu verharmlosen ist Tätersprache.

Weiterführende Informationen:

Pädophilie: Köln sagt feierliche Einweihung des Felix-Rexhausen-Platzes ab

http://m-maenner.de/2015/05/absurd-kalter-kaffee/