Alltag einer Familienrichterin: „Das macht mich traurig, fassungslos, hilflos, wütend“

Bekommen prügelnde Eltern ihren Säugling zurück? Wohnt das Scheidungskind bei Mama oder Papa? Familienrichter haben enorme Verantwortung – und kaum Zeit, Hunderten Schicksalen gerecht zu werden. Eine Juristin berichtet aus ihrem Berufsalltag am Limit.

Nennen wir sie Frau Müller. Sie ist seit einigen Jahren Familienrichterin in einer deutschen Großstadt. Ihren tatsächlichen Namen will sie nicht veröffentlicht sehen.

Ich habe tagtäglich Fälle, in denen die Eltern über das Sorgerecht für ihr Kind streiten. Manchmal fordern Anwälte: Das Kind muss Umgang mit einem Elternteil haben, weil Mutter oder Vater sonst mit Suizid droht. Es kam vor, dass sich Eltern dann tatsächlich umbrachten. In solchen Fällen sind wir Richter für den Tod dieser Leute mitverantwortlich. Das muss ich aushalten. Ich kann doch kein Kind irgendwohin geben, um die Eltern zu stabilisieren. In einigen Fällen stellte sich heraus: Wären die Kinder bei dem Elternteil gewesen, wären sie jetzt ebenfalls tot. Das könnte ich erst recht nicht verantworten. Für mich geht das Kindeswohl vor Elternwohl. Weiter lesen…