(Foto: Norbert Denef)

netzwerkB Pressemitteilung vom 04.02.2018

Nachfolgend ein Bericht von Norbert Denef, Vorsitzender von netzwerkB – Netzwerk Betroffener von sexualisierter Gewalt e.V.

Nasse Pupse behinderten in den vergangenen Monaten mein Leben. „Das geht schon wieder vorbei“, dachte ich, und versuchte das unangenehme Problem zu verdrängen. Im Verdrängen war ich ja absolute Spitze: 35 Jahre lang hatte ich über die in meiner Kindheit und Jugend erlebte sexualisierte Gewalt nicht gesprochen.

Schon durch ein winzig kleines Körnchen im System des Schließmuskels kann es dazu kommen, dass man nicht mehr ganz „dicht“ ist. Die Ursachen für dieses kleine ‚Körnchen‘ sind vielfältig. Hämorrhoiden können auch eine Ursache sein, las ich im Internet.

Ich verließ das Haus schon seit vielen Wochen immer weniger, weil ich Angst hatte, in die Hose zu machen.

Als ich anfing, über meine nassen Pupse mit anderen Menschen zu sprechen und sehr oft die Rückmeldung bekam, dass sie auch darunter litten und lieber schwiegen, als einen Arzt zu konsultieren, überwand ich meine alten Erinnerungen an den Missbrauch und stimmte einem Termin für eine Darmspiegelung zu.

Nachdem der Facharzt im Vorgespräch meine Geschichte angehört hatte, bat ich ihn, mich vorab rektal zu untersuchen, um meine Theorie, dass es „nur“ Hämorrhoiden seien, zu bestätigen. Er untersuchte mich. Danach schaute er mich an und schwieg. Diesen Blick werde ich niemals vergessen. Er könne erst genaueres nach der Darmspiegelung sagen und werde umgehend veranlassen, dass ich sofort einen Termin bekäme, sagte er.

Drei Tage später war es dann so weit: „Sie haben Mastdarmkrebs“, sagte mir der Facharzt. Der pathologische Befund bestätigte: Das Geschwür ist bösartig.

Meine alte Welt brach in mir zusammen.
Ich war erschöpft von den vielen Tränen, besonders Nachts.

Jeden Tag leben, als sei es der letzte. Damit überzeugte ich viele Menschen, wenn ich mich mit meinem Reifen in den vergangenen Jahren am Strand, mit Blick auf das offene Meer, bewegte – tanzend, oft schon bei Sonnenaufgang. Nun war ich seit Monaten eingeschränkt.

‘Nimm Deinen Reifen und geh, beweg Dich‘, hörte ich eine Stimme in mir.

Ich nahm meinen Reifen, streckte mich, so wie es uns Leonardo da Vinci mit seinem Vitruvianischem Menschen vorgegeben hat und atmete durch die Nase tief ein und ganz langsam, mit leichtem, hörbarem Rauschen wieder aus. Oft, sehr oft tat ich das.

Immer wenn ich mich mit meinem Reifen bewege, geht es mir danach viel besser.

Ab 8. Februar werde ich die notwendigen Untersuchungen wahrnehmen, die mir Klarheit verschaffen, ob sich mein Krebs bereits außerhalb meines Darms ausgebreitet hat. Sehr wahrscheinlich steht mir eine Operation bevor und gegebenenfalls Chemotherapie und Bestrahlung.

Wenn ich ins Krankenhaus gehe – nicht ohne meinen Reifen!

Über die Kommentarfunktion werde ich weiterhin informieren.

Weiterführende Information:
http://www.denefhoop.com
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